Rechtsdurchsetzung im Ausland

Die Durchsetzung von Rechtsansprüchen ist auch innerhalb Europas nicht nur durch allfällige Sprachprobleme, sondern auch auf Grund unterschiedlicher Verfahrensrechtsordnungen wesentlich komplexer und zeit-, aber auch kostenintensiver als im Inland.

Europäische Verbraucherzentren

Auch wenn innerhalb der Europäischen Union das Einkaufen praktisch grenzenlos möglich ist, so ist im Fall eines Rechtsstreits die Rechtsdurchsetzung doch noch sehr stark national geprägt. Bevor also eine gerichtliche Rechtsdurchsetzung geplant wird, empfiehlt es sich eine außergerichtliche Streitbeilegung unter Einbeziehung der in allen EU-Staaten bestehenden Europäischen Verbraucherzentren zu versuchen.

Diese Zentren unterstützen Konsumentinnen und Konsumenten bei der Geltendmachung ihrer Rechte in anderen Mitgliedstaaten und erleichtern über ihr Netzwerk vor allem auch den Zugang zu alternativen Streitbeilegungseinrichtungen. Für die Streitschlichtung bei grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen besteht ein eigenes europaweites Netzwerk (FIN-NET).

Gerichtsstand

 Ist aber eine gerichtliche Geltendmachung notwendig, so ist bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten zunächst zu klären, wo überhaupt das Verfahren anhängig gemacht werden kann. Innerhalb der EU sind die Zuständigkeitsregeln durch eine Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen vereinheitlicht. Grundsätzlich gilt auch hier - wie im Inland - dass sich die örtliche ­Zuständigkeit nach dem Wohnsitz der Beklagten/des Beklagten richtet.

Für bestimmte Verträge von Konsumentinnen/Konsumenten bestehen jedoch Ausnahmen, sodass sich der Gerichtsort nach dem Wohnsitz derKonsumentin oder des Konsumenten richtet. Dies betrifft einerseits Teilzahlungsgeschäfte und die zur Finanzierung solcher Geschäfte aufgenommenen Kredite, andererseits alle Fälle, in denen das ­Unternehmen im Wohnsitzstaat ­der Konsumentin/des Konsumenten eine geschäftliche Tätigkeit direkt ausübt oder die Geschäftstätigkeit zumindest auf diesen Staat hin ausrichtet.

In diesen Fällen muss das Unternehmen am Wohnsitz der Konsumentin/des Konsumenten klagen und auch Konsumentinnen/ Konsumenten können eine Klage im Inland einbringen. Auch für Versicherungsverträge bestehen Ausnahmen von den allgemeinen Zuständigkeitsregeln, sodass die Klagseinbringung im Inland im Regelfall möglich ist.

Verfahrenshilfe

Um Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, den Zugang zu den Gerichten zu ermöglichen, bestehen in den EU-Mitgliedstaaten einheitliche Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe ( Verfahrenshilfe ) bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug. Informationen und (online ausfüllbare) Formulare dazu sind auf dem „Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen" zu finden.

Zustellung und Vollstreckung

Auch für die Zustellung und Vollstreckung von Entscheidungen der Zivilgerichte gibt es einheitliche europäische Regelungen, sodass innerhalb der Europäischen Union im Allgemeinen damit gerechnet werden kann, dass Rechtsansprüche aus Konsumentengeschäften auch dann gerichtlich durchgesetzt werden können, wenn die Klage im EU-Ausland einzubringen ist oder dort zugestellt und/oder vollstreckt werden muss.

Dennoch ist zu berücksichtigen, dass die nationalen Verfahrensordnungen recht unterschiedlich sind und dass sich vor allem die Verfahrensdauer - von der Klagseinbringung bis zur Vollstreckung - bei Streitigkeiten mit Auslandsbezug in der Regel ganz wesentlich verlängert. Für einfache und unbestrittene Forderungen steht ein „Europäisches Mahnverfahren" zur Verfügung, für geringfügige Forderungen (bis € 5.000) steht auch ein Europäisches Bagatellverfahren zur Verfügung.

Europäisches Justizportal

Die Website des "Europäischen Justizportals" informiert umfassend über die Rechtsordnung und die Gerichtsorganisation in den EU-Mitgliedstaaten. Dort findet man zu jedem Mitgliedstaat Informationen zu den wesentlichsten Fragen, die sich bei gerichtlichen Verfahren stellen, von der Prozesskostenhilfe (Verfahrenshilfe), den Rechtsberufen über den Verfahrensablauf, bis zur Zustellung und schließlich zur Vollstreckung von Entscheidungen.

WICHTIG
Bei grenzüberschreitenden Geschäften ist es noch wichtiger als sonst, dass Sie schon beim Abschluss von Verträgen das Risiko für Streitigkeiten möglichst begrenzen. Vereinbaren Sie keine oder nur geringfügige Vorauszahlungen und wählen Sie Anbieterinnen oder Anbieter, die sich einem Verhaltenskodex und einem alternativen Streitschlichtungssystem unterworfen haben, etwa im Rahmen des Euro-Label Gütezeichensys­tems für den elektronischen Geschäftsverkehr.

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