OGH zu Versicherungsbedingungen der Merkur Versicherung
veröffentlicht am 30.01.2021
Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) brachte im Auftrag der Arbeiterkammer OÖ gegen die Merkur Versicherung zu zehn Klauseln ihrer Unfall- und zu drei Klauseln ihrer Rechtsschutzversicherung eine Klage ein. Das Verfahren ging bis zum OGH: dieser erklärte nun 12 von 13 Klauseln für unzulässig.
An dieser Stelle werden einige Klauseln, die der OGH als gesetzwidrig erachtete, beispielhaft genannt:
aus den Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (ARB 2011):
- Eine unzulässige Klausel, die einen Dauerrabatt (= Treuebonus für eine längere Vertragsbindung) gewährte, regelte diesbezüglich, dass bei einer Vertragsauflösung nach 1 bzw. 2 Versicherungsjahren die/der Versicherungsnehmer/in mehr zurückzahlen musste, als sie/er an Rabatt erhalten hatte.
- Nach Ansicht des OGH ist eine Klausel gesetzwidrig, wonach sich die Versicherungssummen in der Unfallversicherung ab dem auf die Vollendung des 70. Lebensjahres folgenden Versicherungsjahr um 30 Prozent reduzieren. Eine willkürliche Altersgrenze in Versicherungsbedingungen festzulegen, die eine erhebliche Reduktion der Versicherungssumme bewirkt, sei unzulässig, so der OGH in seiner Entscheidung.
- Ebenfalls unzulässig ist die Bestimmung, die vorsieht, dass bei Unfällen ab Vollendung des 75. Lebensjahres für eine unfallbedingt verbliebene dauernde Invalidität anstelle der Kapitalleistung eine Rente ausbezahlt wird. Die Klausel weicht von den Erwartungen der/des durchschnittlichen Versicherungsnehmerin/Versicherungsnehmers erheblich ab. Die/der Versicherungsnehmer/in würde nicht damit rechnen, dass aufgrund des Erreichens einer bestimmten Altersgrenze von der Vereinbarung einer Kapitalleistung abgegangen und diese in eine Rentenleistung umgewandelt wird.
- Die Kündigungsmöglichkeit des Unfallversicherers nach dem ersten Versicherungsfall wurde ebenfalls als unzulässig - weil für Verbraucher/innen gröblich benachteiligend - eingestuft.
- Ebenso unzulässig ist die jährliche Kündigungsmöglichkeit des Versicherers nach drei Jahren.
aus den Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2011):
- Hier erklärte der OGH die Einschränkung des Rechts der Rechtsanwaltswahl auf Personen, die ihren Kanzleisitz am Ort des Gerichtes oder der Verwaltungsbehörde haben, die für das durchzuführende Verfahren in erster Instanz zuständig ist, für intransparent und damit für unzulässig. Die Klausel ließe die erforderliche Information weg, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch ein nicht ortsansässiger Rechtsanwalt gewählt werden kann, jedenfalls, wenn dieser verbindlich erklärt, seine Leistungen wie ein ortsansässiger Vertreter zu verrechnen.
Auswirkungen des Urteils für Verbraucher/innen
Klauseln, die der OGH für unzulässig erklärt hat, fallen zur Gänze weg. Der Versicherer darf daher diese Klauseln (und sinngleiche Vertragsbestimmungen) in Zukunft nicht mehr verwenden bzw. sich in Zusammenhang mit bereits geschlossenen Verträgen nicht mehr auf diese (oder sinngleiche) Klauseln berufen. Das bedeutet, dass bei Verträgen, für die die gegenständlichen Klauseln vereinbart wurden, aufgrund der Unwirksamkeit der Regelungen beispielsweise jede Schadenfallkündigung unzulässig ist oder im Fall einer Kündigung überhaupt kein Dauerrabatt nachverrechnet werden kann.
Hinweis: Für den Fall, dass sich das Versicherungsunternehmen weiterhin auf unzulässige Klauseln beruft, empfehlen wir betroffenen Verbraucher/innen, sich an den Verein für Konsumenteninformation zu wenden. Das Unternehmen kann dann im Wege einer Exekution zu einem rechtmäßigen Verhalten gezwungen werden.
Das Urteil kann im Volltext nachgelesen werden.