FAQ: Rücktritt nach § 3 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) und sonstige Rechte im Fernabsatz im KSchG

Hier finden Sie Antworten auf Fragen zur Ihrem Rücktrittsrecht bei Haustürgeschäften, die nicht unter das FAGG fallen (Frist, Form, Kosten), vorvertragliche Informationspflichten des Unternehmens,  Rechte bei telefonisch abgeschlossenen Verträgen über Gewinnzusagen, Kontaktaufnahme bei Service-Hotlines, Gefahrtragung bei Versendung der Ware


Existiert ein weiteres Rücktrittsrecht bei sog. Haustürgeschäften?

MERKSATZ: Im Konsumentenschutzgesetz besteht ein Rücktrittsrecht für Haustürgeschäfte.
Dieses ist nur anwendbar, wenn auf das Geschäft die Regeln über das Auswärtsgeschäft nach dem Fern- und Auswärtsgeschäfts-Gesetz (FAGG) keine Anwendung finden.
Finden die Regeln des FAGG Anwendung, gelangt man nie zum Rücktrittsrecht nach dem KSchG.  

Nähere Informationen zum Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) finden Sie hier.

Wann kommt das Rücktrittsrecht für Haustürgeschäfte nach § 3 KSchG zur Anwendung?

Wenn die Regeln des Fern- und Auswärtsgeschäfts-Gesetzes (FAGG) nicht anzuwenden sind, insbesondere bei Verträgen,

  • die nicht vom Anwendungsbereich des FAGG umfasst sind, z.B. Immobilienverträge, soziale Dienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen, Pauschalreisen, Personenbeförderung etc.,
  • die nur einseitig eine Leistung der Verbraucher/innen vorsehen (z.B. Spenden),
  • bei denen die Konsumentinnen und Konsumenten die Hauptleistung erbringen (z.B. Verkauf eines KFZ oder einer Antiquität),
  • die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden und bei denen das Entgelt bis zu 50 € ausmacht,
  • die nicht unter die Definition des Auswärtsgeschäfts nach dem FAGG fallen (z.B. „Hineinziehen" in ein Geschäftslokal mit irreführenden Angaben)

Anbahnung: Das Rücktrittsrecht nach § 3 KSchG steht Konsumentinnen und Konsumenten nicht zu, wenn sie selbst den Vertrag mit dem Unternehmen angebahnt haben (z.B. wenn sie das Unternehmen von sich aus zu dem konkret abgeschlossenen Geschäft kontaktiert haben).

Welche Voraussetzungen müssen für das Rücktrittsrecht gem. § 3 KSchG vorliegen?

Der Vertragsabschluss bzw. die Vertragserklärung der Konsumentinnen und Konsumenten muss außerhalb des Geschäftsraums des Unternehmens erfolgt sein.

Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen durch den Vertragsabschluss in gewisser Weise überrascht worden sein – das Rücktrittsrecht nach §3 KSchG soll sie vor unüberlegten Vertragsschlüssen in Überrumpelungssituationen schützen. –Daher entfällt das Rücktrittsrecht, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten den Vertrag selbst angebahnt haben.

Grundsätzlich müssen beide Parteien bei Vertragsabschluss gleichzeitig körperlich anwesend sein. Wenn jedoch eine Überrumpelungssituation anzunehmen ist, kann ausnahmsweise auch ohne gleichzeitige Anwesenheit von Unternehmer/in und Verbraucher/in ein Rücktrittsrecht bestehen: Wird z.B. eine Konsumentin überraschend von einem Unternehmen angerufen und zu einem Abschluss gedrängt, hat sie ein Rücktrittsrecht (sofern nicht ohnedies der Rücktritt nach FAGG greift).

Was ist ein Geschäftsraum?

Die Betriebsstätte des Unternehmens ist sein Geschäftsraum, entweder ein ständiges Geschäftslokal oder ein Markt- oder Messestand. (Achtung: Die Definition unterscheidet sich von jener im Anwendungsbereich des FAGG, siehe hier.)

Kein Geschäftsraum sind z.B. Wohnungen, Arbeitsplatz der Verbraucher/innen, Straße, Einkaufszentrum, Verkehrsmittel, Gasthaus.

Werden Konsumentinnen und Konsumenten durch persönliches Ansprechen auf der Straße in den Geschäftsraum „hineingezogen" oder im Rahmen einer Werbefahrt dorthin gebracht, steht das Rücktrittsrecht dennoch zu.

Wie lange ist die Rücktrittsfrist?

Die Rücktrittsfrist beträgt 14 Tage.

Die Frist beginnt mit der Ausfolgung einer Urkunde, die zumindest den Namen und die Anschrift des Unternehmens, die zur Identifizierung des Vertrages notwendigen Angaben sowie eine Belehrung über das Rücktrittsrecht, die Rücktrittsfrist und die Vorgangsweise für die Ausübung des Rücktrittsrechts enthält – frühestens jedoch mit Vertragsabschluss bzw. bei Warenlieferungen mit Warenübergabe an die Verbraucher/innen.

Für die Rücktrittsbelehrung stellt der Gesetzgeber – anders als im FAGG – kein Muster-Formular zur Verfügung; ebenso wenig existiert ein Muster-Widerrufsformular.
Wurden Konsumentinnen und Konsumenten nicht bzw. nicht korrekt belehrt (insb. weil die Urkunde nicht die oben genannten Inhalte aufweist), erlischt das Rücktrittsrecht spätestens nach einem Jahr und 14 Tagen ab Fristbeginn (Angleichung an das FAGG). Wurde die Belehrung nachträglich korrekt nachgeholt, beginnt die Frist von 14 Tagen ab diesem Zeitpunkt zu laufen.

In welcher Form haben die Konsumentinnen und Konsumenten den Rücktritt zu erklären?

Die Erklärung bedarf keiner bestimmten Form. Sie kann auch telefonisch, mündlich, per E-Mail, Fax oder schriftlich erklärt werden.
Da die Konsumentinnen und der Konsumenten nachweispflichtig ist, empfiehlt sich entweder die Schriftform oder die Einholung einer schriftlichen Bestätigung durch das Unternehmen (dies empfiehlt sich auch im Bereich des FAGG). Die Absendung der Rücktrittserklärung innerhalb der Frist ist ausreichend.

Haben Konsumentinnen und Konsumenten Kosten im Fall des Rücktritts zu tragen?

Konsumentinnen und Konsumenten sind weder zur Rücksendung der Ware verpflichtet, noch haben sie dafür Kosten zu tragen. Sie haben die Ware jedoch sorgfältig aufzubewahren und bei Abholung herauszugeben. Bei Dienstleistungen kann das Unternehmen unter Schonung der Substanz den ursprünglichen Zustand wiederherstellen (z.B. durch Demontage eines Sicherheitsschlosses).

Im Fall eines Rücktritts kann Wertersatz für den Gebrauch der Ware verlangt werden. Für konsumierte Leistungen ist nur dann Kostenersatz zu bezahlen, wenn Konsumentinnen und Konsumenten subjektiv einen klaren und überwiegenden Vorteil daraus gezogen haben.

Beispiel: Hat ein betagter Konsument anlässlich eines überraschenden Vertreterbesuches die Sanierung seiner Terrasse beauftragt, wenngleich diese weder notwendig noch für ihn finanzierbar ist, kann er kostenfrei zurücktreten.

Wann haben die Konsumentinnen und Konsumenten kein Rücktrittsrecht?

Kein Rücktrittsrecht besteht,

  • wenn Konsumentinnen und Konsumenten den Vertrag selbst angebahnt haben, z.B. auf eine Annonce einer Partnervermittlung reagiert und den Vertrag im Gasthaus abgeschlossen haben (Ausnahmsweise spielt die Anbahnung durch Konsumentinnen und Konsumenten dann keine Rolle, wenn gegen ein gewerberechtliches Verbot verstoßen wurde – z.B. beim Verkauf von Heilbehelfen oder Arzneimitteln an der Wohnungstür.).
  • wenn keine Besprechungen vorausgegangen sind (z.B. Kauf eines Haushaltsgerätes anlässlich einer Straßenvorführung).
  • bei Verträgen, die üblicherweise außerhalb der Geschäftsräume abgeschlossen und sofort beiderseits erfüllt werden bis zu einer Betragsgrenze von €25, und bei Verträgen, die ihrer Natur nach nicht den Geschäftsräumen abgeschlossen werden (z.B. Taxi) bis zu einer Betragsgrenze von € 50.
  • wenn die Parteien nicht zeitgleich persönlich körperlich anwesend sind – es sei denn, es liegt dennoch eine Situation der Überrumpelung der Verbraucher/innen vor.

Welche vorvertraglichen Informationspflichten treffen die Unternehmerinnen und Unternehmer (§ 5a KSchG)?

Auch außerhalb der besonderen Vertriebsformen Fernabsatz und Auswärtsgeschäft bestehen bei Verbraucherverträgen vorvertragliche Informationspflichten.

Neben Angaben zu Person, Erreichbarkeit und Firmensitz ist insbesondere die Information über den Gesamtpreis (inkl. Abgaben und Steuern, Liefer-, Fracht- und Versandkosten sowie sonstige Kosten) hervorzuheben.  Zudem sind u.a. Angaben zu Zahlungs- und Lieferbedingungen, Liefertermin, Vertragsdauer, Kündigungsbedingungen und allfälligen Garantien zu erstatten.

Bei digitalen Inhalten ist weiters auch über deren Funktionsweise und ihre Interoperabilität mit Hard- und Software sowie ihre Funktionsweise und technische Schutzeinrichtungen wie etwa Kopierschutz zu informieren.

Verstöße werden nach allgemeinen zivilrechtlichen Regeln sanktioniert. Da es sich um eine Bringschuld des Unternehmens handelt und es dafür nachweispflichtig ist, sind Ansprüche aus Schadenersatz, Irrtum bzw. auch Kostenfolgen denkbar.

Eine besondere Formpflicht für die Erbringung der vorvertraglichen Informationen besteht hier nicht. Das Unternehmen kann diese Information in aller Regel auch z.B. per Aushang in seinem Geschäftslokal erteilen. Die Informationen müssen lediglich in klarer und verständlicher Weise gegeben werden.

Bei welchen Verträgen finden die Informationspflichten keine Anwendung (§ 5a Abs. 2 KSchG)?

Die Informationspflichten gelten nicht für Alltagsgeschäfte, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sofort erfüllt werden – z.B. über Lebensmittel, Hygieneartikel, Mode- und Sportartikel, allenfalls Haushaltsgeräte (hier wird der Preis wohl eine wesentliche Rolle spielen), kleine Veranstaltungen etc.

Weiters sind die Informationen auch nicht zu erteilen, wenn sich diese bereits aus den Umständen ergeben (z.B. Lebensmittelkauf im Supermarkt)

Letztlich sind viele Vertragstypen von der Regelung zu vorvertraglichen Infopflichten in § 5a KSchG ausgenommen (Immobilien, Pauschalreisen, Finanzdienstleistungen, soziale Dienstleistungen, Gesundheitsdienstleistungen, Personenbeförderung etc.).

Welche Rechte haben Verbraucher/innen bei telefonisch abgeschlossenen Verträgen über Gewinnzusagen (§ 5b KSchG)?

Wurde der Vertrag während eines vom Unternehmen eingeleiteten Anrufs geschlossen und betrifft er Gewinnzusagen oder Wett- und Lotteriedienstleistungen, so ist dieser nichtig (unwirksam).
Auf diese Nichtigkeit des Vertrags können sich nur die Verbraucher/innen berufen. Sie können also am Vertrag auch festhalten und laut ausdrücklicher Regelung trotzdem nichts bezahlen.
Die Verbraucher/innen können alle Zahlungen zurückverlangen, das Unternehmen darf weder ein Entgelt noch eine Wertminderung für Waren verlangen.

Ein vom Unternehmen eingeleiteter Telefonanruf kann ein aktiver Anruf des Unternehmens sein, es kann sich aber auch um einen vom Unternehmen initiierten Rückruf der Konsumentin bzw. des Konsumenten handeln (sog. „Ping-Anrufe").

Von der Regel umfasst sind auch Spielgemeinschaften, die in der Praxis über Telefonakquisition vereinbart werden.

Welche Kosten haben Verbraucher/innen für Servicetelefonate zu entrichten (§ 6b KSchG)?

Unternehmen sind nicht verpflichtet, eine Servicetelefonnummer einzurichten. Tun sie dies jedoch, damit Verbraucher/innen im Zusammenhang mit abgeschlossenen Verträgen Kontakt aufnehmen können, so darf ein Anruf bei diesem Kundendienst die Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr kosten, als ein Anruf zu einer gewöhnlichen geografischen Rufnummer. Nicht zulässig wäre daher die Einrichtung einer Mehrwertnummer für eine solche Hotline.

Die Regelung gilt für Telefonanschlüsse, die für die Kontaktaufnahme im Zusammenhang mit geschlossenen Verträgen eingerichtet worden sind. Davon umfasst sind z.B. Fragen zum Vertragsinhalt, zur Rechnung, zu einem Lieferverzug, zur Inbetriebnahme eines Gerätes oder zu einer Reklamation. Dabei können sich freilich Abgrenzungsfragen ergeben (z.B. bei technischen Hotlines).

Wann haben Verbraucher/innen für Zusatzleistungen wie z.B. eine Reisestornoversicherung ein Entgelt zu entrichten (§ 6c KSchG)?


Zusatzzahlungen – also Entgelte für Zusatzleistungen neben der vereinbarten Hauptleistung – gelten nur als wirksam vereinbart, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten diesen ausdrücklich zustimmen. Typische Beispiele sind Zusatzzahlungen für eine Reisestornoversicherung oder eine entgeltliche Gerätegarantie.

Eine vorformulierte Vereinbarung (z.B. in AGB) reicht für eine wirksame Vereinbarung ebenso wenig aus, wie eine Voreinstellung (Häkchen) beim Internetvertrag.
Wenn die Konsumentinnen und Konsumenten am Vertrag über die Zusatzleistung festhalten wollen, können sie dies nachträglich – aber ebenfalls nur durch ausdrückliche Erklärung – tun. Das Unternehmen trifft die Beweispflicht, dass es die ausdrückliche Zustimmung eingeholt hat.


Fehlt es an der ausdrücklichen Zustimmung, trifft Konsumentinnen und Konsumenten keine über das Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlungspflicht und sie haben Anspruch auf Rückerstattung aller für die Zusatzleistungen getätigten Zahlungen. Der Vertrag über die Hauptleistung bleibt bestehen.

Vom Anwendungsbereich dieser Regelung sind jedoch einige Vertragsarten ausgenommen (z.B. Gesundheitsdienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Immobilienverträge). Für die im Hinblick auf den typischen Anwendungsfall „Reisestornoversicherung“ besonders bedeutsamen Vertragsarten Personenbeförderung und Pauschalreise kommt die Regelung jedoch zur Anwendung.

Innerhalb welcher Frist hat das Unternehmen die Ware zu liefern (§ 7a KSchG)?

Die Lieferfrist ist Vereinbarungssache. Sie kann sich auch aus der Natur des Geschäfts ergeben, ohne dass darüber ausdrücklich gesprochen wird (z.B. sofortige Erfüllung bei Alltagsgeschäften).

Wurde keine Vereinbarung in diesem Sinn geschlossen, greift folgende Regel:

Das Unternehmen hat die Ware unverzüglich zu liefern. Absolute Obergrenze für die Lieferung sind 30 Tage ab Vertragsabschluss. Wurde Lieferung an den/die Verbraucher/in vereinbart, muss die Ware bis zu diesem Zeitpunkt bei ihm/ihr einlangen.

Wer trägt bei Übersendung die Gefahr des Verlusts oder der Beschädigung der Ware (§ 7b KSchG)?

Wurde Versendung der Ware durch das Unternehmen vereinbart bzw. haben Verbraucher/innen eine vom Unternehmen angebotene Versendungsart gewählt, reist die Ware auf Risiko des Unternehmens. Die Gefahr des Verlusts oder der Beschädigung geht erst auf die Konsumentinnen/Konsumenten über, wenn die Ware an sie abgeliefert bzw. an ihren Beauftragten übergeben wurde (der Transporteur gilt nicht als Beauftragter).

Wichtig: Bei Übersendung der Ware an ein Unternehmen – z.B. wenn eine Konsumentin bzw. ein Konsument Verkäufer/in der Ware ist – findet diese konsumentenschutzrechtliche Bestimmung keine Anwendung. In diesem Fall greift die allgemeine zivilrechtliche Regelung, wonach die Gefahr mit Übergabe an das Transportunternehmen auf den Gläubiger bzw. die Gläubigerin (hier: das Unternehmen) übergeht, sofern die Versendung und die Versendungsart zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurden.

 

 

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