Generali Versicherung: Berechnungsgrundlagen für Rente aus Lebensversicherung gesetzwidrig
veröffentlicht am 02.04.2021
Bei einer Kapitallebensversicherung kann man sich im Normalfall am Ende der Ansparzeit statt der Kapitalleistung auch eine Rente auszahlen lassen. Der OGH hat in einem vom VKI im Auftrag des BMSGPK gegen die Generali Versicherung geführten Verbandsverfahren eine Vertragsklausel als gesetzwidrig beurteilt, welche die Berechnungsgrundlagen dieser Rente regelt. Dadurch können betroffene Kundinnen und Kunden allenfalls eine wesentlich höhere Rente beanspruchen, wie ein vom VKI für einen Konsumenten parallel geführter Musterprozess zeigt.
Intransparente Vertragsklausel
Nach der gesetzwidrigen Vertragsklausel soll die Generali Versicherung das Recht haben, die dem Kunden/der Kundin zustehende Rente „nach den im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit geltenden Tarifen“ zu berechnen. Weitere Informationen erhält man nicht, was dem im Konsumentenschutzgesetz verankerten Transparenzgebot widerspricht.
Damit fehlen bei Abschluss der Lebensversicherung:
- Informationen, wie sich die Berechnungsgrundlagen zusammensetzen und von welchen Entwicklungen die Höhe der zukünftigen Pension daher abhängt,
- Informationen über die mit der Klausel verbundenen Risiken,
- Vorgaben zum Schutz des Kunden/der Kundin, die der Versicherer bei der Festlegung der Berechnungsgrundlagen der Rente beachten müsste.
Wie berechnet sich die Startrente?
Versicherungsmathematisch bestimmt sich die Höhe der Anfangsrente nach
- der Höhe des bis zum Rentenbeginn angesparten Kapitals,
- dem vom Versicherer zugesagten Zinssatz, mit dem das jeweils noch nicht verbrauchte Kapital in der Rentenphase garantiert verzinst wird (so genannter Rechnungszins),
- der angenommenen Lebenserwartung des Kunden/der Kundin ab Rentenbeginn, die mit Hilfe der vom Versicherer jeweils verwendeten Rententafel bestimmt wird, und
- der Höhe der Kosten.
Höhere Rente im Einzelfall
Um die Rechtsfolgen im Einzelfall zu klären, führte der VKI auch einen Musterprozess für einen Kunden, der 1997 bei der Generali Versicherung eine Lebensversicherung mit der gesetzwidrigen Klausel abgeschlossen hatte. Dem Kunden wurde 1997 im Vertrag eine „voraussichtliche“ monatliche Rente von 260 Euro in Aussicht gestellt. Tatsächlich angeboten wurde ihm im Jahr 2018 bei Pensionsbeginn eine Startrente von 84,81 Euro. Mit den vom Versicherer 1997 verwendeten Rechnungsgrundlagen hätte sich eine Rente von 165,77 Euro ergeben. Für die Abweichung von der Prognose waren die in der Ansparphase gesunkene Gewinnbeteiligung (minus 95,23 Euro) und die Änderung der Rechnungsgrundlagen (Rechnungszins und Rententafel - minus 80,96 Euro) verantwortlich.
Unzulässige Änderung der Rechnungsgrundlagen
Der Versicherungsantrag enthielt direkt unter dem Richtwert für die Rente von 260 Euro folgende Klausel: „Zur Sicherstellung der Privat-Pension wünsche ich bei genehmigten Änderungen der Rententarife oder der Gewinnbeteiligung einen Prämienanpassungsvorschlag.“ Der Konsument erhielt bis 2018 keinen solchen Vorschlag. Nach dem ersatzlosen Wegfall der gesetzwidrigen Klausel sah das Handelsgericht Wien die Erfüllung dieser Verpflichtung aber als notwendige Voraussetzung dafür an, dass die Rechnungsgrundlagen der Rente (Rechnungszins und Rententafel) zum Nachteil des Konsumenten geändert werden können. Es verurteilte den Versicherer daher rechtskräftig dazu, die Rente nach den von ihm 1997 verwendeten Rechnungsgrundlagen zu berechnen und dem Kunden damit eine etwa doppelt so hohe Anfangspension als zunächst angeboten auszuzahlen. Auch wenn sich dieser Vorteil durch die geringere Gewinnbeteiligung im Laufe der Zeit teilweise wieder ausgleichen wird, entstehen daher sehr große Unterschiede, je nachdem welchen Rechnungszinssatz und welche Rententafel man für die Berechnung der Rente heranzieht.
Sozialministerium prüft Ihre Unterlagen
Wenn Sie nach dem 1.1.1997 bei der Generali Versicherung eine Kapitalversicherung mit Pensions-/Rentenwahlrecht abgeschlossen haben und daran denken, sich das angesparte Kapital als Rente auszahlen zu lassen, oder wenn Sie bereits eine laufende Rente erhalten, können Sie bei uns überprüfen lassen, ob auch Sie Anspruch auf eine höhere Rente haben könnten. Dafür müssten Sie uns die Versicherungspolizze, die Versicherungsbedingungen und – soweit vorhanden – den Versicherungsantrag mailen (beate.blaschek@sozialministerium.at oder sabine.jelinek@sozialministerium.at ).