OGH zu irreführenden Gratis-Angeboten
veröffentlicht am 08.02.2022
Mit seiner Werbung „Jetzt gratis bis Jahresende“ erweckt T-Mobile den unrichtigen Eindruck, dass es sich um eine besonders günstige Gelegenheit handelt, obwohl das Angebot auch nach Ablauf der Aktion gewährt wurde.
Im Oktober 2019 bewarb T-Mobile Glasfaser-Internet unter anderem mit „Jetzt gratis bis Jahresende“. Demnach sollte die monatliche Grundgebühr bis Jahresende für Neubestellungen bis 28.10.2019 wegfallen. Dass der beworbene Rabatt aber auch nach Ablauf des befristeten Sonderangebots weiterhin gewährt wurde, nahm der Verein für Konsumenteninformation (VKI) zum Anlass, T-Mobile wegen irreführender Werbung zu klagen. Zusätzlich brachte der VKI vor, dass T-Mobile schon davor für die ersten drei Monate nicht die „normale“ Grundgebühr verrechnete, sondern eine um 95 Prozent reduzierte, d.h. 9,99 Euro statt 199,99 Euro pro Monat.
Irreführende Werbung
Das Verfahren ging bis zum Obersten Gerichtshof. Bereits in der zweiten Instanz wurde vom OLG Wien in einem Teilaspekt rechtskräftig entschieden, dass die blickfangartige Werbung mit dem Wort „gratis“ irreführend ist, wenn in Wahrheit auch eine Servicepauschale und ein Aktivierungsentgelt zu zahlen sind, darauf aber nicht ausreichend deutlich hingewiesen wird.
Nun kam der OGH zur Ansicht, dass die Werbung auch deshalb irreführend war, weil in Wahrheit keine besonders günstige Gelegenheit vorlag.
Denn
- wurde nach Ablauf der Aktion dieser Rabatt weiterhin gewährt. Mit dem Text „Jetzt bis Jahresende“ wurde der Eindruck erweckt, dass die beworbene Aktion bessere Konditionen biete als spätere Vertragsabschlüsse und ein Vertragsabschluss innerhalb des beworbenen Zeitraums gegenüber einem späteren Abschluss zu einer nennenswerten Ersparnis führen würde. Und
- wurde bereits vor der Aktion bei sämtlichen Neuabschlüssen für die ersten 3 Monate ein Rabatt von 95 % der Grundgebühr gewährt. Der Werbende stelle somit eine Ersparnis in Aussicht, in dem er in einer Preisgegenüberstellung auf einen früheren Preis hinweise, den er möglicherweise nicht auf Basis einer marktgerechten Kalkulation eine angemessene Zeit hindurch verlangt hat. Zu diesem 2. Aspekt verwies der OGH an das Erstgericht zurück, um die Tarifmodelle von T-Mobile vor und nach dem Angebot feststellen zu lassen.
Werbung sei geeignet, Verbraucher:innen zu einem Anbieterwechsel zu bewegen
Nach Ansicht des OGH entspricht es der Lebenserfahrung, dass viele Kundinnen und Kunden auch über den Bindungszeitraum hinaus an ihrem Vertrag festhalten. Werbung mit einem (scheinbar) zeitlich befristeten Sonderangebot wären geeignet, sie zu einem rascheren Anbieterwechsel zu bewegen. Entspricht die Information zur zeitlichen Befristung des Angebots nicht den Tatsachen, kann das im Ergebnis dazu führen, dass der irregeführte Kunde durch seine vorschnelle und - nur scheinbar - optimierte Vorgangsweise tatsächlich finanzielle Nachteile gegenüber einem späteren Anbieterwechsel nach Ende der Bindungsfrist erleidet.
OGH weicht von seiner bisherigen Rechtsprechung ab
Der OGH hat nun erstmals ausgesprochen, dass bei einem für einen begrenzten Zeitraum angekündigten Preisvorteil eine Irreführung vorliegt, wenn dieser Preisvorteil auch nach Ablauf der Befristung weiterhin gewährt wird. Seine alte Rechtsprechung wonach die bloße Beibehaltung eines Rabatts noch keine Irreführung darstelle, bezeichnet der OGH erfreulicherweise als überholt.