Neue EU-weite Regelungen für Werbung mit Nachhaltigkeit – Teil 2
veröffentlicht am 19.03.2024
Irreführende Umweltaussagen, frühzeitige Obsoleszenz und Anforderungen an Nachhaltigkeitssiegel, sowie Informationspflichten
In Teil 1 haben wir Sie darüber informiert, dass die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel die EU irreführende Umweltaussagen (Stichwort: Greenwashing), Praktiken der frühzeitigen Obsoleszenz (vorzeitiges Nichtfunktionieren einer Ware) und unzuverlässige und nicht transparente Nachhaltigkeitssiegel verhindern will und zusätzliche Informationspflichten einführt, um Verbraucher:innen nachvollziehbare Informationen über nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, die wiederum zu nachhaltigen Kaufentscheidungen beitragen sollen.
In Teil 2 finden Sie nun mehr Details zu den Vorgaben der Richtlinie.
Allgemeine Umweltaussagen
Allgemeine Umweltaussagen werden dann unzulässig, wenn das Unternehmen keine Nachweise für die beworbene hervorragende Umweltleistung erbringen kann. Erfasst sollen davon zahlreiche in der Werbung genutzte Begriffe sein, wie z.B. „grün“, „naturfreundlich“, „ökologisch“, „umweltverträglich“, „CO2-freundlich“ und „energieeffizient“.
Eine Umweltaussage darf sich außerdem nicht auf das gesamte Produkt oder den gesamten Betrieb des Gewerbetreibenden beziehen, wenn sie sich tatsächlich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts oder des Betriebs bezieht.
Das Treffen allgemeiner Umweltaussagen wird als „per se“-Verbot in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) aufzunehmen sein. Damit sind solche Aussagen ohne weitere Prüfung oder Nachweis unzulässig.
Kompensation von CO2-Emissionen
Die Richtlinie schränkt auch Werbeaussagen ein, wonach eine Ware oder Dienstleistung aufgrund von Kompensationsmaßnahmen neutrale, verringerte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat. Beispiele für solche Werbeaussagen wären etwa „klimaneutral“, „CO2-neutral“ oder „klimaschonend“. Solche Aussagen sollen nur mehr dann zulässig sein, wenn Maßnahmen Auswirkungen im tatsächlichen Lebenszyklus einer Ware oder Dienstleistung haben und nicht bloß außerhalb der Wertschöpfungskette, wie dies bei Kompensationsprojekten zumeist der Fall ist. Zwar bleiben CO2-Ausgleiche weiterhin zulässig und Unternehmen dürfen damit – etwa für ihre Investitionen in Umweltinitiativen – auch werben. Ein Produkt, das über seinen Lebenszyklus nicht selbst CO2-neutral ist, darf künftig aber auch nicht mehr in dieser Weise beworben werden.
Auch das wird in das UWG als per-se Verbot aufgenommen.
Beschränkung des Einsatzes von Nachhaltigkeitssiegeln
Nachhaltigkeitssiegel wecken positive Erwartungen über die ökologischen und/oder sozialen Aspekte eines Produkts, Verfahrens oder Unternehmens. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Nachhaltigkeitssiegel, die von verschiedenen Organisationen oder staatlichen Stellen vergeben werden. Anforderungen und Gegenstand der Zertifizierungen unterscheiden sich dabei erheblich.
Nach der Richtlinie soll ein Nachhaltigkeitssiegel zukünftig nur noch angebracht werden dürfen, wenn es auf einem Zertifizierungssystem beruht oder von staatlichen Stellen festgesetzt wurde. Das Zertifizierungssystem setzt ein in der Richtlinie näher definiertes System der unabhängigen Überprüfung durch einen Dritten voraus. Selbstzertifizierungen sind verboten.
Auch das wird sich hinkünftig als per-se Verbot im UWG finden.
Maßnahmen gegen frühzeitige Obsoleszenz
Auch als „per se“ - Verbot werden Praktiken eingeschränkt, wonach ein Produkt bewusst mit einer begrenzten Lebensdauer geplant oder konzipiert wird (frühzeitige Obsoleszenz). Zu den Maßnahmen gegen eine frühzeitige Obsoleszenz gehören etwa folgende:
- Unternehmer:innen dürfen Verbraucher:innen nicht dazu veranlassen, die Verbrauchsmaterialien eines Produkts früher als aus technischen Gründen notwendig zu ersetzen oder aufzufüllen. Als Beispiel führt die Richtlinie hier den Fall an, dass Nutzer:innen von Druckern zum Erwerb neuer Patronen aufgefordert werden, bevor die aktuellen Patronen tatsächlich leer sind.
- Unternehmer:innen sollen über negative Auswirkungen einer Software-Aktualisierung auf die Verwendung von Waren mit digitalen Elementen oder bestimmte Merkmale dieser Waren informieren. Die Informationspflicht soll auch dann bestehen, wenn die Software-Aktualisierung andere Funktionen verbessert. Bringt eine Software-Aktualisierung nur eine Verbesserung von Funktionen, darf sie nicht als notwendig präsentiert werden.
- Behauptungen über eine tatsächlich nicht gegebene Haltbarkeit oder Reparierbarkeit einer Ware sollen zukünftig jedenfalls unzulässig sein.
- Unternehmer:innen dürfen keine unzutreffenden Behauptungen über die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Produkts im Falle der Verwendung von Ersatzteilen oder Zubehör, die nicht vom Originalhersteller stammen, treffen und auch keine Informationen über eine solche Beeinträchtigung vorenthalten.
Ergänzung von Informationspflichten
Die Richtlinie soll Verbraucher:innen außerdem in die Lage versetzen, sachkundigere Entscheidungen im Sinne der Nachhaltigkeit zu treffen. Zu diesem Zweck sollen Informationspflichten ergänzt werden:
- Die Richtlinie sieht verschärfte Informationspflichten für Anbieter:innen von Produktvergleichen vor, die Verbraucher:innen über die ökologischen und sozialen Folgen, Haltbarkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit informieren. Sie müssen auch Informationen über die Vergleichsmethode, die Produkte, die Gegenstand des Vergleichs sind, die Lieferant:innen dieser Produkte sowie über die Maßnahmen, die sie ergreifen um die Informationen auf dem neuesten Stand zu halten, erteilen.
- Weiters sieht die Richtlinie neue vorvertragliche Informationspflichten zu Nachhaltigkeitsaspekten wie Haltbarkeit, Reparierbarkeit und Verfügbarkeit von Software-Aktualisierungen vor. So müssen Händler:innen zukünftig Verbraucher:innen beispielsweise über umweltfreundliche Lieferoptionen informieren, soweit diese verfügbar sind.