EU befindet Atomkraft und Gas als klimafreundlich – Österreich klagt
veröffentlicht am 12.10.2022
Im Zuge der Taxonomie-Verordnung hat die EU-Kommission Gas und Atom als "ökologisch nachhaltig" eingestuft. Diese Einstufung soll zum Jahreswechsel in Kraft treten. Österreich klagt gegen die Entscheidung der EU-Kommission.
Die Taxonomie legt fest, welche Finanzinvestitionen künftig als ökologisch nachhaltig gelten. Die Aufnahme in die Taxonomieliste soll Unternehmen und Verbraucher:innen dabei helfen, nachhaltige Projekte zu identifizieren und in diese zu investieren. Durch die Investitionen am Finanzmarkt in nachhaltige Technologien und Energiequellen sollen die für die Klimawende benötigten Milliarden aufgebracht werden und letztlich den Weg der EU zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 ebnen.
Wir haben darüber berichtet: Green Finance - Geld anlegen und dabei Gutes tun (konsumentenfragen.at).
Grundsätzlich begrüßenswert
Die EU hat mit der Taxonomie einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit in der Finanz- und Immobilienwirtschaft gemacht. Mit der Verordnung werden Finanzmarktteilnehmer, z. B. Investmentfonds, die ein Finanzprodukt als ökologisch vermarkten wollen, verpflichtet, über den Anteil an ökologisch nachhaltigen Investitionen im Sinne der Verordnung in ihrem Portfolio zu berichten. Im Immobilienbereich geht es um die Anwendung von Kriterien bei Neubauten, Sanierungen sowie dem Erwerb und Eigentum von Gebäuden.
Umstrittene Einstufung
Das Europaparlament hat nun die umstrittene Bewertung von Gas und Atomkraft als klimafreundlich abgesegnet. Das bedeutet, dass bereits ab Januar 2023 auch Investitionen in Kern- und Gaskraftwerke als ökologisch nachhaltig vermarktet werden können.
Die Einbeziehung von Gas und Atomkraft in die EU-Taxonomie war stark umstritten. Die Grünen im Europaparlament lehnten den Vorschlag der EU-Kommission geschlossen ab, auch in anderen Fraktionen war der Protest groß.
Österreich reicht Klage bei EuGH ein
Österreich hat nun den Weg gewählt, die Europäische Kommission wegen dieser Einstufung beim Europäischen Gerichtshof zu klagen. Nach Ansicht von Bundesministerin Leonore Gewessler dürfe laut der EU-Taxonomie eine nachhaltige Energieform zu keinen schweren Umweltproblemen führen. Gerade vor dem Hintergrund der Atomkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima, sowie der Sorgen um das russisch besetzte AKW Saporischschja in der Ukraine sei der Einsatz von Atomkraft „mit unkalkulierbaren Risiken verbunden". Österreich betrachtet die von der EU-Kommission vorgelegte Regelung auch juristisch als falsch. Die EU-Kommission habe nicht die Ermächtigung, solch weitreichende politische Entscheidungen zu treffen. Die EU-Kommission habe ihre Kompetenzen überschritten.
Dass Österreich mit dieser Argumentation vor dem EuGH durchkommt, schätzen Jurist:innen aber als nicht besonders groß ein. Aus Europa kommt Unterstützung aus Luxemburg, die einen Antrag auf Streithilfe einreichen werden. Auch Umweltschutzorganisationen haben bereits mit Klagen gedroht. Wir werden berichten.