Neue Verbraucherkredit-Richtlinie bringt viele Verbesserungen für Verbraucher:innen

veröffentlicht am 23.11.2023

Am 30.06.2021 legte die Europäische Kommission (EK) einen Vorschlag für eine neue Verbraucherkredit-Richtlinie vor, die nunmehr beschlossen und am 30.10.2023 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde.

Hintergrund hinter der neuen Richtlinie 

Die bisherige Richtlinie (RL) über den Verbraucherkredit stammte aus dem Jahr 2008 und wurde in Österreich mit dem Verbraucherkreditgesetz 2010 umgesetzt. Im Jahr 2014 kam dann die Hypothekarkredit-RL dazu; diese RL ist für Kredite zur Wohnraumfinanzierung und hypothekarisch besicherte Kredite maßgeblich.

Da die beiden Richtlinien teilweise gleichlautend sind, die Hypothekarkredit-RL in vielen anderen Punkten aber auch zusätzliche Schutzvorschriften enthält, wurden die Stimmen laut, die eine Angleichung der beiden RL forderten.

So legte die EK Juni 2021 einen Vorschlag für eine neue Richtlinie vor. Etwas mehr als 2 Jahre später wurde sie beschlossen und am 30.10.2023 im Amtsblatt veröffentlicht.

Verbesserungen für die Konsument:innen

Die neue Verbraucherkredit-Richtlinie wird für die Konsument:innen vor allem folgende  Verbesserungen bringen: 

  • Strenge detaillierte Vorgaben für die Kreditwürdigkeitsprüfung und ein Kreditvergabeverbot im Fall einer nicht ausreichenden Kreditwürdigkeit.

  • Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, Konsument:innen vor unangemessen hohen Zinssätzen zu schützen, z.B. durch Zinssatzobergrenzen.

  • Verpflichtung des Kreditgebers zu einer angemessenen Nachsicht bei Zahlungsschwierigkeiten: Sobald Zahlungsschwierigkeiten auftreten, soll der Kreditgeber gemeinsam mit dem Konsumenten/der Konsumentin die Gründe dafür feststellen und nach Möglichkeit eine geeignete Lösung finden. Dadurch soll eine Fälligstellung des Kredits und eine Klage verhindert werden, die den Verbraucher/die Verbraucherin mit erheblichen zusätzlichen Kosten belasten und die Gefahr nach sich ziehen würde, dass der Verbraucher/die Verbraucherin endgültig in eine Überschuldung abgleitet.

  • Recht auf Vergessenwerden: Derzeit müssen Verbraucher:innen für Kreditversicherungen wegen einer früheren Krebserkrankung oft unerschwinglich hohe Versicherungsprämien zahlen, auch wenn die Erkrankung vor vielen Jahren erfolgreich behandelt wurde und sie seither nicht mehr auftrat. Nunmehr darf die Krebserkrankung nicht mehr berücksichtigt werden, wenn seit der letzten Behandlung eine bestimmte Frist vergangen ist, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wird und die 15 Jahre nicht überschreiten darf.

  • Beim Anwendungsbereich wird die Untergrenze der Kreditsumme von 200 Euro ersatzlos gestrichen.

  • Es wird ein Diskriminierungsverbot verankert; Konsument:innen dürfen bei der Kreditvergabe nicht wegen ihrer Staatsbürgerschaft, ihres Wohnsitzes oder aus einem anderen in Artikel 21 der Charta genannten Gründe (z.B. Alter, Geschlecht, Religion, sexuelle Orientierung, Vermögen) diskriminiert werden.
  • Verschiedene Regelungen, die bisher nach den Vorgaben der Hypothekarkredit-RL nur für Hypothekarkredite relevant waren, sind in Zukunft auch für normale Verbraucherkredite maßgeblich (z.B. verpflichtende Allgemeine Informationen zu den von der Bank angebotenen Kreditprodukten; Verbot von Koppelungsgeschäften; Regelung von Beratungsdienstleistungen; Regelung der Ausbildung des Personals; Wohlverhaltensregeln für die Vergabe von Krediten). 

Verschlechterungen für die Konsument:innen

In zwei Punkten ist die neue RL aus verbraucherschutzrechtlicher Sicht hinter den Erwartungen zurückgeblieben.

  1. Nach einer grundlegenden Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) (C-383/18 - Lexitor) müssen im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredits alle zu den Gesamtkosten des Kredits zählenden Kosten und damit auch Zahlungen an Dritte (Vermittlungsprovisionen, Versicherungsprämien) zeitanteilig ermäßigt werden. Die aktuelle Bestimmung in der neuen Richtlinie sieht nunmehr vor, dass nur mehr die dem Kreditgeber geschuldeten Kosten ermäßigt werden müssen. Damit macht die neue Richtlinie die Lexitor-Entscheidung des EuGH teilweise rückgängig.

  2. Nach der Judikatur des EuGH beginnt die 14-tägige Rücktrittsfrist in jedem Fall erst dann zu laufen, wenn der Verbraucher/die Verbraucherin die vorgeschriebenen vorvertraglichen Informationen erhalten hat. Die Richtlinie regelt nun, dass das Rücktrittsrecht auch dann spätestens ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsabschluss endet, wenn der Verbraucher/die Verbraucherin die vorvertraglichen Informationen nicht erhalten hat. Die neue Richtlinie greift daher zum Nachteil der Konsument:innen gravierend in die derzeitige Judikatur des EuGH zum Rücktrittsrecht bei Verbraucherkrediten ein.

Die Richtlinie muss bis 20.11.2025 umgesetzt werden, wobei die Umsetzungsvorschriften aber erst am 20.11.2026 in Kraft treten werden, damit die Kreditgeber ausreichend Zeit haben, um sich auf die neuen Vorschriften vorzubereiten.

Den im Amtsblatt veröffentlichten Text der Verbraucherkredit-RL finden Sie hier

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