Alkoholisierter Unfall ist keine „Gefahr des täglichen Lebens“

veröffentlicht am 21.06.2022

OGH: Kein Versicherungsschutz für Schadenersatzverpflichtungen aus einem Verkehrsunfall unter Alkoholeinfluss

Die Haftpflichtkomponente im Rahmen einer Haushaltsversicherung deckt allgemein Schadensereignisse, die dem privaten Risikobereich entspringen und aus denen der/dem Versicherungsnehmer:in Schadenersatzverpflichtungen erwachsen. Ein zentraler Begriff in den Bedingungen solcher Versicherungen ist die sogenannte „Gefahr des täglichen Lebens“. Gemeint ist damit, dass der Versicherungsschutz der Versicherungsnehmer:innen nur jene Gefahren erfasst, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss.

Gefahr des täglichen Lebens

Der Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ ist nicht näher definiert, ist aber nicht allzu eng auszulegen. Die Gefahr, jemandem Schadenersatz leisten zu müssen, stellt im Leben eines Durchschnittsmenschen eine Ausnahme dar und die Privathaftpflichtversicherung soll prinzipiell Deckung eben für solche Ausnahmesituationen schaffen, in die ein Durchschnittsmensch hineingeraten kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung genügt es, wenn die Gefahr erfahrungsgemäß im normalen Lebensverlauf immer wieder, sei es auch nur selten, vorkommt. So ist z.B. ein Unfall im Rahmen einer Hochgebirgstour oder beim Tontaubenschießen noch eine Gefahr des täglichen Lebens. Es darf sich nur nicht um eine von Vornherein geradezu ungewöhnliche Gefahr handeln und auch nicht um eine Gefahrensituation, die aus bloßem Mutwillen bewusst geschaffen wird, wie z.B. beim Hantieren mit gefährlichen Stoffen (Streichhölzer, Feuerwerkskörper, udgl.).

Unfall unter Alkoholeinfluss ist keine Gefahr des täglichen Lebens

In einer aktuellen Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (OGH) sah dieser in einem durch Alkoholeinfluss verursachten Unfall keine Gefahr des täglichen Lebens verwirklicht und wies eine Klage auf Deckung durch die Versicherung ab. Im konkreten Fall fuhr der minderjährige Sohn der Versicherungsnehmerin stark alkoholisiert mit mindestens 1,5 ‰ im Dunkeln ohne Licht mit dem Fahrrad nach Hause und verursachte einen Unfall. Die Mutter als Versicherungsnehmerin klagte und begehrte die Feststellung der Versicherungsdeckung mit dem Argument, es handle sich beim Unfall um eine Gefahr des täglichen Lebens. Ihr Sohn habe den Unfall nicht vorsätzlich verursacht und auch keine bestimmte Schadenszufügung in Kauf genommen.

Diesem Argument folgte der OGH unter Zugrundelegung seiner ständigen Rechtsprechung nicht. Nach Ansicht des OGH schuf der Sohn der Versicherungsnehmerin eine besondere Gefahrensituation, die nicht nur eine außergewöhnliche Gefahr für ihn selbst, sondern vor allem auch für andere Verkehrsteilnehmer:innen mit sich brachte, ohne dass dafür die geringste Notwendigkeit bestand. Im vorliegenden Fall sah der OGH daher keine Gefahr des täglichen Lebens verwirklicht.

RIS - 6Ob36/22w - Entscheidungstext - Justiz (OGH, OLG, LG, BG, OPMS, AUSL) (bka.gv.at)

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