Bisphenole in Kinderprodukten

veröffentlicht am 07.06.2023

Eine Untersuchung des Vereins für Konsumenteninformation zu Bisphenolen 

Baby mit Spielzeug, © bild von Yuri Shirota auf Unsplash

Viele der heutigen Konsumgüter enthalten Stoffe, die Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben können. Gerade bei Produkten für Kinder ist es daher besonders wichtig, dass diese bedenkenlos verwendbar sind. Der Verein für Konsumenteninformation hat im Rahmen einer internationalen Studie Produkte getestet um herauszufinden, ob diese in Kritik stehende Bisphenole enthalten.

Was sind Bisphenole und wo liegt die Problematik?

Bisphenole sind eine Gruppe verschiedener chemischer Verbindungen mit ähnlicher Grundstruktur. Durch ihre weitverbreitete Verwendung zählen sie zu den am häufigsten eingesetzten Industriechemikalien weltweit. Sie finden Anwendung in Farben, Klebstoffen, elektronischen Geräten, Kunststoffen aus Polycarbonat, Epoxidharzen und vielem mehr.

Der bekannteste und häufigste Vertreter dieser Stoffgruppe, Bisphenol A (BPA), wurde vor etwa 120 Jahren entwickelt und wird bis heute in zahlreichen Konsumgütern wie z.B. Smartphones, Druckfarben, Wasserspendern oder in Beschichtungen von Konserven- und Getränkedosen verwendet. Die Ermittlung des Gesundheitsrisikos, das von BPA ausgeht, wurde in den letzten Jahrzehnten durch zahlreiche Studien untersucht und wird wissenschaftlich als auch öffentlich bis heute sehr kontrovers diskutiert. Neben der Wirkung als endokriner Disruptor (bewirkt Störung des menschlichen Hormonsystems) wurden zuletzt auch Studien zu Immuno-, und Neurotoxizität bei der Risikobewertung von BPA berücksichtigt.

Durch die stetig wachsenden wissenschaftlichen Erkenntnisse wurde bei vielen Produkten über die Jahre Verbote und gesetzliche Grenzwerte auf europäischer Ebene für BPA erlassen beziehungsweise festgelegt. Seit 2011 ist in der europäischen Union (EU) die Verwendung von BPA zur Herstellung von Säuglingsflaschen verboten. 2018 wurde das Verbot auf auslaufsichere Trinkflaschen und -gefäße für Kinder von 0-3 Jahren ausgeweitet. Ebenso wurde der Grenzwert für den Übergang von BPA aus Kunststoffe sowie Lacke und Beschichtungen in das Lebensmittel über die Jahre stetig abgesenkt. 2020 wurde ein Verbot von BPA in Thermopapier erlassen. In Österreich gilt seit 2011 zusätzlich ein Verbot von BPA in Beißringen und Beruhigungssaugern (Schnullern)

Aufgrund der im April 2023 veröffentlichten Risikobewertung der europäischen Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA), sind weitere einschränkende Maßnahmen im Lebensmittelbereich auf EU-Ebene sehr wahrscheinlich. Zudem werden von Expert:innen der europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) ebenfalls mögliche Beschränkungen in anderen Anwendungsbereichen diskutiert.

Der Grund, wieso Bisphenole bisher nicht einfach vollständig verboten wurden liegt darin, dass häufig keine geeigneten, unbedenklichen Ersatzstoffe für die jeweiligen Anwendungen vorhanden sind. So haben die Einschränkungen von BPA zwar dazu geführt, dass in den letzten Jahren andere Bisphenole wie Bisphenol S (BPS) und Bisphenol F (BPF) vermehrt als Ersatzstoffe für BPA eingesetzt wurden. Diese stehen aber ebenso in Verdacht, teilweise ähnliche Wirkungen wie BPA zu besitzen und sind zudem weniger gut untersucht. Ein generelles Verbot könnte also dazu führen, dass wichtig benötigte Produkte wie z.B. Medizinprodukte, nicht mehr in dieser Form hergestellt werden können. Der Gesundheitsschutz hat eine besonders hohe Priorität. Produkte, insbesondere jene für Kinder, sollten daher möglichst frei von gefährlichen Chemikalien sein und keine negativen Wirkungen auf die Gesundheit haben.

Was wurde getestet?

In Zusammenarbeit mit Verbraucherschutzorganisationen aus verschiedenen EU-Ländern, darunter Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Slowenien und der Tschechischen Republik, hat der VKI eine Untersuchung durchgeführt um herauszufinden, welche Kinderprodukte Bisphenole enthalten. Da Babys und kleinere Kinder eine besonders schützenswerte Gruppe hinsichtlich Bisphenolen darstellen, wurde bei der Untersuchung der Fokus auf jene Produkte gelegt, die von Kindern bevorzugt werden oder für sie bestimmt sind. Insgesamt wurden 179 Produkte, darunter Beißspielzeug, Decken, Lätzchen, Lebensmittel- und Getränkedosen, Schuhe, Sonnenbrillen, Strumpfhosen und Trinkflaschen, untersucht. 86 dieser Produkte waren im Untersuchungszeitraum Januar 2023 auch in Österreich verfügbar.

Das primäre Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, ob Bisphenole in den Produkten enthalten sind. Zusätzlich wurde bei Produkten, die in den Mund genommen werden (z.B. Beißspielzeug und Trinkflaschen), untersucht,  ob sich daraus Chemikalien lösen können. J Nicht getestet wurde jedoch die Einhaltung des gesetzlich gültigen Grenzwertes für den Übergang von Bisphenolen auf das Lebensmittel.

Welche Ergebnisse brachte die Untersuchung?

Die Untersuchung des VKI hat gezeigt, dass es durchaus möglich ist Produkte herzustellen, die entweder gar keine oder nur sehr geringe Mengen an Bisphenolen enthalten oder freisetzen. Die besten Ergebnisse erzielten Babylätzchen, von denen zehn von zwölf eine Bestbewertung bekamen. Der VKI ist der Meinung, dass man besonders bei Beißspielzeug erwarten könne, dass keinerlei Bisphenole enthalten sind. Im Test waren aber nur vier von neun Produkten frei von Bisphenolen. Ein enttäuschendes Ergebnis aus der Sicht des VKI. Zudem sieht der VKI weiteren Handlungsbedarf bei Getränke- und Konservendosen.

Wegen der vielseitigen Verwendung von Bisphenolen in Produkten, die tagtäglich verwendet werden, vertritt der VKI die Ansicht, dass weitführende gesetzliche Bestimmungen notwendig sind, um die generelle Verbraucherexposition gegenüber Bisphenolen weiter zu senken. Dies in der Hinsicht, um derzeit noch nicht einschätzbare gesundheitliche Risiken aufgrund der Summenwirkung (“Cocktail –Effekt) weiter zu minimieren.

BPA-freie Produkte

Es gibt auch Kinderspielzeuge, Trinkflaschen und Trinkbecher, die als „BPA-frei“ ausgewiesen werden. Hierbei handelt es sich um freiwillige Angaben des Herstellers. Die Untersuchung zeigte, dass diesen Angaben nicht immer Vertrauen geschenkt werden darf. Der VKI sieht daher dringenden Bedarf einer unabhängigen Zertifizierung von BPA-freien Produkten,  um die Irreführung der Verbraucher:innen zu verhindern.

Amtliche Marktüberwachung

Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit untersucht im Rahmen der behördlichen Marktüberwachung, ob die gesetzlich bestehenden Grenzwerte für Bisphenole in Kinderprodukten, die dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz unterliegen, eingehalten werden.

Zuletzt wurden in einer 2022 durchgeführten Schwerpunktaktion 40 Produkte untersucht. Dabei wurden keine gesundheitsschädlichen Produkte gefunden.
6 Produkte, die als „BPA-frei“ gekennzeichnet waren, wurden als „irreführend“ beanstandet, da die Abwesenheit von Bisphenol A (BPA) ausgewiesen wurde, obwohl alle vergleichbaren am Markt erhältlichen Produkte diese Eigenschaft ebenfalls aufweisen.  

Tipps zur Vermeidung von Bisphenolen im Alltag 

  • Neue Textilien vor Gebrauch waschen
  • Wasser aus Kunststofftrinkflaschen regelmäßig wechseln -  abgestandenes Wasser nicht mehr trinken
  • Für Babys und Kleinkinder unter 3 Jahren Spielzeug kaufen, das für diese Altersgruppe bestimmt und gekennzeichnet ist.

Alles Ergebnisse der Untersuchung des VKI im Detail finden Sie hier.

 

 

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