Unzulässige Widerrufsbelehrung in deutschen Kreditverträgen
veröffentlicht am 14.04.2020
Die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, wenn VerbraucherInnen alle Informationen zum Widerrufsrecht und dessen Ausübung erhalten, sofern der betreffende Zeitpunkt nach dem Tag des Abschlusses des Kreditvertrags liegt. Es reicht nicht aus, wenn in dieser Information auf die diesbezüglichen nationalen gesetzlichen Vorschriften verwiesen wird - so der Europäische Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung.
Folgende Formulierung fand sich in einem Hypothekarkreditvertrag, den ein deutscher Konsument bei seiner Bank abgeschlossen hatte:
"Widerrufsrecht: Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z. B. Brief, Fax, E‑Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angaben zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat...."
Der deutsche Gesetzgeber erklärte die Verbraucherkreditrichtlinie auch auf Hypothekarkredite anwendbar und ermöglicht damit auch KreditnehmerInnen von Hypothekarkrediten ein Widerrufsrecht.
Der Konsument schloss den Kreditvertrag 2012 ab und erklärte 2016 den Rücktritt. Die Bank lehnte den Rücktritt als verspätet ab.
Widerrufsrecht nach der Verbraucherkreditrichtlinie
Über das Widerrufsrecht ist gemäß Verbraucherkreditrichtlinie im Kreditvertrag in klarer, prägnanter Form zu informieren, vor allem
- über das Bestehen oder Nichtbestehen des Rücktrittsrechts sowie
- die Frist und
- die anderen Modalitäten für die Ausübung des Rücktrittsrechts.
Die Rücktrittsfrist beginnt erst zu laufen, wenn VerbraucherInnen alle Informationen im Kreditvertrag selbst erhalten haben. Sinn und Zweck dieser Informationspflichten ist, dass VerbraucherInnen nur dann ihre Rechte wahrnehmen können, wenn sie darüber ausreichend informiert sind.
Verstoß gegen die Richtlinie
Der gegenständliche Kreditvertrag enthielt selbst nicht die Pflichtangaben, die maßgeblich wären, damit die Widerrufsfrist beginnt, sondern verweist lediglich auf nationale Vorschriften. In der Praxis führt das dazu, dass VerbraucherInnen sich zuerst mit einer Vielzahl nationaler Bestimmungen beschäftigen müssen, um die relevanten Informationen zu erhalten.
In diesem Punkt stellt der EuGH klar, dass ein bloßer Verweis in allgemeinen Vertragsbedingungen auf weitere (nationale) Rechtsvorschriften, die die Rechte und Pflichten der Parteien festlegen, nicht ausreicht und einen Verstoß gegen die Verbraucherkreditrichtlinie darstellt.