Aktuelle OGH-Entscheidung zum Thema Erhaltungsarbeiten:
veröffentlicht am 12.08.2021
Eine Lüftungsmotorreparatur ist keine Bagatellreparatur und daher von Vermieterseite zu bezahlen
Wer für die Behebung von Schäden im Inneren der Mietwohnung zuständig ist, ist mitunter strittig und nicht immer eindeutig zu beantworten.
So auch im vorliegendem Fall, mit dem sich der Oberste Gerichtshof beschäftigte.
In einer gemieteten Genossenschaftswohnung war der Motor der elektrischen Lüftungsanlage des WCs kaputt. Die beiden Mieter/innen begehrten bei Gericht die Durchführung der notwendigen Arbeiten durch die gemeinnützigen Bauvereinigungen als Vermieterin.
Erhaltungspflichten auf Vermieter- und Mieterseite
Gesetzlich treffen die Vermieterseite bei gemieteten Genossenschaftswohnungen weitgehende Erhaltungspflichten. Davon ausgenommen sind Bagatellreparaturen und Arbeiten wie der Austausch von Beleuchtungsmitteln und die Erhaltung von Malerei, Tapeten und Innenflächen (z.B. Bodenbelag, Verfliesung). Mieter/innen von Wohnungen sind verpflichtet, größere Schäden (z.B. durch Wasseraustritt, Brand) durch gezieltes Vorbeugen bzw. Warten zu vermeiden (z.B. regelmäßiges Lüften, um Schimmelbefall entgegenzuwirken).
Was gilt als Bagatellreparatur?
Die gesetzlichen Instandhaltungs-und Wartungspflichten gehen nach Auffassung des Obersten Gerichtshofs nicht soweit, dass die Mieter/innen zur Erneuerung des defekt gewordenen Motors verpflichtet sind. Bei den vorzunehmenden Arbeiten handelt es sich um keine Bagatellreparatur, die eine Erhaltungspflicht der Vermieterseite ausschließen würde. Die Reparatur bzw. der Austausch des Motors und die erforderliche Überprüfung erfordern elektrotechnische Fertigkeiten und Kenntnisse. Durchschnittliche Mieter/innen können die Arbeiten nicht selbst vornehmen und müssten jedenfalls eine/n Professionistin/Professionisten beauftragen. Der OGH kommt zum Ergebnis, dass die gemeinnützige Bauvereinigung zur Durchführung der Arbeiten (Reparatur/Austausch des defekten Motors) verpflichtet ist.
Keine Bagatelle, wenn Professionistenrat oder besonderer Aufwand erforderlich!
In seiner Entscheidung setzt sich der OGH damit auseinander, was unter dem Begriff der „Bagatellreparatur“ fällt. Dieser ist im Gesetz nicht näher definiert. Keine Bagatelle liegt nach Ansicht des OGH vor, wenn für die Vornahme von Reparaturen eine spezielle Ausbildung, spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich sind. Müssen durchschnittliche Mieter/innen jedenfalls Fachleute beauftragen, ist eine „Bagatellreparatur“ zu verneinen, unabhängig davon wie hoch der Aufwand für die Reparatur ist. Ebenso liegt keine Bagatelle mehr vor, wenn Mieter/innen eine Reparatur zwar grundsätzlich selbst durchführen könnten, die Reparaturarbeit aber einen besonders hohen Aufwand an Zeit und/oder besondere Mühe (z.B. Notwendigkeit der Zusammenarbeit mehrerer Personen) bedeutet. Wann aufgrund der aufgewendeten Zeit und Mühe oder des Kostenaufwands von Bagatellarbeiten auszugehen ist, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen.
Ein erfreuliches Urteil, das wieder ein Stück mehr für Rechtsklarheit sorgt!