Vorsicht vor „Dark Patterns“ im Internet!

veröffentlicht am 18.11.2024

Die Studie „Plattform Compliance“ des Österreichischen Instituts für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) und des Austrian Institutes of Technology (AIT) liefert weitere spannende Einblicke in die Schattenseiten der digitalen Welt und dokumentiert zahlreiche manipulative Fallstricke in den Bereichen Online Shopping, Flugbuchungen und Soziale Medien.

Was beeinflusst unser Online-Verhalten?

Das Phänomen „Dark Patterns“ (wörtlich übersetzt „dunkle Muster“) ist nicht neu, liegt aber teilweise im Schatten unserer Aufmerksamkeit. Jeder kennt das ungute Gefühl, wenn wieder unbeabsichtigt Zeit oder Geld beim Scrollen, Aufrufen von Internetseiten, Chatten und Online Shoppen investiert wurde. Manipulative Geschäftspraktiken und subtiles Webdesign werden bewusst eingesetzt, um User:innen auf Webseiten und Apps zu nicht-beabsichtigten Aktionen zu bewegen, egal ob diese nun kommerzieller Natur sind oder lediglich bewirken, dass längere Zeit auf den aufgerufenen Seiten gesurft wird.

Welche Praktiken fallen darunter?

Die Studie listet unzählige unfaire, psychologische, verhaltenssteuernde „Tricks“ auf, denen Konsument:innen in der digitalen Welt ausgesetzt sind. Darunter fallen z.B.

  • Bewerbung von vermeintlichen „Gratis“-Angeboten
  • Verhinderung von (Preis-)Vergleichen
  • drängende und emotionale Botschaften
  • versteckte und getarnte Werbung oder Kosten
  • vorgetäuschte Zeitnot, Dringlichkeit oder Verknappung (wie Countdown Timer)
  • erzwungene Handlungen (Prozess kann nur über eine Anmeldung oder eine Registrierung fortgesetzt werden)
  • komplizierte und erschwerte Stornierung z.B. eines Abos oder einer Mitgliedschaft
  • farbliche oder akustische Hervorhebung oder Buttongestaltung im Falle von Wahlmöglichkeiten
  • Fang- und Trickfragen

Im Detail wurden vermeintliche Sonderrabatte und Countdown-Timer von den chinesischen Plattformen Temu und Shein unter die Lupe genommen. Weiters wird dargestellt, wie Konsument:innen durch psychologisch geschickte Wordings beim Buchen von Flugreisen zum Kauf von etlichen Zusatzleistungen (zB Auto-Check-In, Sitzplatzwahl, Security Fast Track, Mietwägen, Lounge Zugang usw.) verleitet werden.

Sind solche problematischen, manipulativen und täuschenden Geschäftsmodelle verboten?

Wiewohl „Dark Patterns“ in Online-Umgebungen bereits seit Jahren weit verbreitet sind, wurde im europäischen Raum erstmals mit dem seit Februar 2024 geltenden „Digital Services Act“, die Anwendung von manipulativer Webseiten-Architektur für Online Plattformen verboten. Der Anwendungsbereich dieser neuen Regelung ist jedoch auf Online Plattformen wie Online Marktplätze und Soziale Medien, die Inhalte, Produkte, Dienstleistungen im Auftrag anderer Nutzer:innen und Anbieter speichern und veröffentlichen, beschränkt. Weiters sind solche Praktiken, die bereits nach der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbraucher:innen (UGP-RL) oder nach der Datenschutz-Grundverordnung unzulässig sind, von der neuen Regelung nicht umfasst. Dadurch ergeben sich Abgrenzungsprobleme und Fragen, die im Rahmen des von der Europäischen Kommission in Aussicht gestellten „Digital Fairness Fitness Check“ geprüft werden sollten.

Inwieweit eine solche Praktik eine noch gerade zulässige Verkaufsstrategie darstellt oder bereits den Tatbestand einer irreführenden oder aggressiven Geschäftspraktik verwirklicht, ist eine Einzelfallentscheidung, deren Klärung durch das Gericht zu erfolgen hat. Bis dato gibt es noch wenig Judikatur, die sich diesem Graubereich angenommen hat.

Was können Verbraucher:innen gegen „Dark Patterns“ tun?

„Dark Patterns“ haben ein komplexes und vielfältiges Erscheinungsbild und werden technisch ganz unterschiedlich umgesetzt. Webseitendesigns werden außerdem laufenden Änderungen und oftmals minimalen technischen Anpassungen unterzogen. Aussagen und Botschaften sind oft bewusst offen formuliert und lassen sich schwer unter geltendes Lauterkeitsrecht subsumieren. Algorithmusgesteuerte sowie psychologische Tricks können häufig schwierig nachgewiesen werden. All dies führt dazu, dass die Entwicklung eines IT-Tools zur Erkennung, Warnung und Blockierung aller „Dark Patterns“ auf Webseiten und Apps eine außerordentlich schwierige, wenn nicht unlösbare Aufgabe darstellt.

Die gute Nachricht ist, dass es trotz dieser Herausforderungen bereits einige IT-Werkzeuge am Markt gibt, die bestimmte „Dark Patterns“ erkennen können und Konsument:innen eine Unterstützung im digitalen Dschungel geben können.

  • Einige solcher kostenlosen, hilfreichen Tools finden Sie ab Seite 90 in der Studie!

 

Darüber hinaus kann an dieser Stelle nur nochmals auf die folgenden Empfehlungen der Arbeiterkammer Wien für Konsument:innen hingewiesen werden:

  • Installieren technischer Hilfsmittel gegen lästige Cookie-Banner spart Zeit und Nerven
  • Nicht durch Countdown-Zähler, Timer und Co beim Online Einkauf stressen lassen
  • Nicht erpressen lassen, etwa zu einem erzwungenen Aboabschluss oder einer Registrierung
  • Nicht verunsichern lassen, da einige Webseiten emotionale Befindlichkeiten ihrer Nutzer:innen bewusst ausnutzen 

 

Hier geht's zur jüngsten Studie sowie zu den Policy Papers des ÖIAT und AIT, unterstützt von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) im Rahmen des letzten KIRAS Programms in Zusammenarbeit mit dem Bedarfsträger Sozialministerium.

Wir haben hier bereits zum Thema „Dark patterns“ auf konsumentenfragen.at informiert.

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