Temu und Shein im Visier der europäischen Verbraucherschutzbehörden

veröffentlicht am 28.05.2024

Der deutsche Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) mahnte sowohl Temu als auch Shein erfolgreich ab. Beide Online-Plattformen gaben daraufhin Unterlassungserklärungen ab. Diese gelten allerdings nur für Deutschland.

Die Unternehmen verstießen laut vzbv gegen europäisches Verbraucherrecht, indem sie manipulative Designs („Dark Patterns“) auf ihren Onlineshop-Portalen anwendeten. Bei Temu fanden sich Hinweise wie „Beeile dich! Über 126 Personen haben diesen Artikel in ihrem Warenkorb“. Auch ungeklärte Streichpreise, verspricht Temu in Zukunft zu unterlassen. Bei Shein kamen Abmahnungen aufgrund komplizierter Beschwerdewege und versteckter Kontaktangaben hinzu. Durch die Unterlassungserklärungen sind die Verfahren in beiden Fällen für den vzbv vorerst erfolgreich abgeschlossen. Sollte erneut ein Verstoß auftreten, kann er eine Vertragsstrafe einfordern.

Beschwerde gegen Temu auf EU-Ebene

Den Vorwürfen der Kundenmanipulation muss sich Temu nun auch auf europäischer Ebene stellen. Verbraucherschutzverbände aus 17 EU-Staaten – darunter auch die Arbeiterkammer aus Österreich – legten Beschwerde bei der Kommission ein, weil sie einen Verstoß gegen das EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act – DSA) seitens Temu feststellten. „Der Online-Marktplatz ist voll von manipulativen Techniken, die darauf abzielen, die Verbraucherinnen und Verbraucher dazu zu bringen, mehr auf der Plattform auszugeben“, erklärt die Chefin des europäischen Verbraucherverbands BEUC, Monique Goyens. Auch die fehlende Transparenz darüber, woher die Produkte stammen und wie Produktempfehlungen zustande kommen, wird kritisiert. Nun müssen die zuständigen Behörden der EU-Staaten klären, ob Temu gegen das DSA-Gesetz verstößt.

„Gamification“ des Online-Handels

Expert:innen wie der deutsche E-Commerce-Unternehmer Alexander Graf sehen bei Temu und Shein eine neue Art von Geschäftsmodell. Gegenüber der Süddeutschen Zeitung erklärt er, dass für diese Unternehmen weniger die Anzahl der verkauften Produkte im Mittelpunkt stehe als das Ausmaß der Interaktion in Form von Shares, Likes, Views und Kommentaren. Es gehe darum, die Nutzer:innen so lange wie möglich auf der Plattform zu halten und Gewinne durch Retail Media – also Werbung – zu lukrieren. Auch Ramona Pop, Vorständin des vzbv, übt Kritik. Denn diese Anbieter machen „Shopping zum Spiel, das süchtig machen kann. Auf solche Geschäftsmodelle ist das Verbraucherrecht nicht vorbereitet und braucht dringend ein Update.“ Sie fordere daher, dass die EU in der kommenden Legislaturperiode dieses Problem im Verbraucherschutz ganz oben auf die Agenda setze.

Hintergrund

Temu und Shein gehören zu den am stärksten wachsenden Online-Plattformen. Shein ist mittlerweile eine der größten Mode-Händler weltweit. Ende April wurde es von der EU offiziell als besonders große Plattform eingestuft und muss nun innerhalb einer 4‑Monatsfrist vorweisen, die dadurch strengeren Vorgaben zu erfüllen. Immer wieder äußern Branchenvertreter:innen Bedenken hinsichtlich Produktsicherheit, Fälschungen und Nachhaltigkeit der Billigprodukte, zuletzt auch der österreichische Handelsverband. Über die weiteren Entwicklungen zu den verbraucherrechtlichen Angelegenheiten werden wir Sie wieder informieren.

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