Die Zukunft Europas – Bürger:innen reden mit
veröffentlicht am 27.01.2022
Eine Vorstellung der Empfehlungen des Europäischen Bürgerforums zur Zukunft Europas.
Vom 10. bis zum 12. Dezember fanden sich ca. 200 Bürgerinnen und Bürger zur letzten von drei Sitzungen des Europäischen Bürgerforums zur Zukunft Europas zusammen, um gemeinsam Empfehlungen zu bürgerrelevanten Themen abzugeben. Die Teilnehmer:innen werden zufällig ausgewählt, jedoch wird darauf geachtet, dass gleich viele Frauen wie Männer teilnehmen und die Bewohner:innen ländlicher und städtischer Gebiete proportional vertreten sind. Zudem ist ein Drittel der Teilnehmenden zwischen 16 und 25 Jahre alt. Pandemiebedingt war dieses Mal auch eine Online-Teilnahme möglich.
Abgestimmt wurde über insgesamt 42 Empfehlungen, dabei musste jeder Vorschlag eine Zustimmung von 70 Prozent der Teilnehmenden erhalten, um angenommen zu werden. Einzig drei Vorschläge wurden mangels fehlender Zustimmung nicht aufgenommen.
Welche Empfehlungen wurden abgegeben?
Die Empfehlungen der teilnehmenden Bürgerinnen und Bürger setzen den Fokus auf folgende fünf Themenbereiche:
- Sicherstellung von Rechten und Nichtdiskriminierung: Als Vorschlag wurde die Einführung von Quoten am Arbeitsplatz für gefährdete Gruppen (Minderheiten, Frauen, junge oder ältere Menschen) genannt. Unternehmen, die diese Vorgaben erfüllen, sollen mit Förderungen oder Steuervergünstigungen belohnt werden. Hingegen sollen Unternehmen, die gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen, mit Sanktionen rechnen müssen. Darüber hinaus sollen Mindeststandards für Medien festgelegt werden, damit deren Unabhängigkeit gewährleistet wird.
- Schutz von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: Als Wunsch äußerten die Teilnehmer:innen, dass alle Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit sanktioniert werden sollten und nicht nur jene, die mit dem EU-Haushalt zusammenhängen. Zudem soll die EU sicherstellen, dass es kein Medienmonopol gibt und Politiker:innen keinen Einfluss auf die Medien haben oder diese gar besitzen.
- Reform der EU: Eine weitere Empfehlung der Teilnehmer:innen schlägt die Umbenennung der Institutionen vor, um die Verständlichkeit ihrer Rollen und Funktionen zu verbessern. Beispielsweise könnte der Rat der Europäischen Union in Senat der Europäischen Union umbenannt werden, die Europäische Kommission könnte in Exekutivkommission der Europäischen Union umbenannt werden. Außerdem sollte es die Möglichkeit geben, Parteien auf EU-Ebene zu wählen. Zusätzlich sollen bei wichtigen Angelegenheiten EU-weite Bürgerbefragungen stattfinden. Darüber hinaus sollen aus Steuern für Großunternehmen hochwertige Arbeitsplätze und eine verbesserte Lebensqualität (Bildung, Gesundheit, Wohnen, Pflege für ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen) finanziert werden.
- Aufbau einer europäischen Identität: Zur Stärkung der europäischen Identität wurden die Bekämpfung von Populismus und Desinformation, eine verbesserte mediale Kommunikation über EU-Angelegenheiten und das Anbieten von Kursen für Migrantinnen und Migranten über Demokratie und EU-Werte genannt.
- Verstärkung der Bürgerbeteiligung: Die Teilnehmer:innen empfahlen die Einrichtung von Bürgerversammlungen und eine stärkere Zusammenarbeit der EU mit nationalen und regionalen Behörden. Außerdem sollen Programme zur Bürgerbeteiligung für Schulen entwickelt werden. Zuletzt befürworteten sie eine Wiederaufnahme der Debatte über die EU-Verfassung.
Wie geht es weiter?
Die Empfehlungen wurden seitens der Vertreterinnen und Vertreter des Bürgerforums am 21. und 22. Jänner 2022 auf der Plenumskonferenz, dem Vertreter der EU-Organe, der nationalen Parlamente, der Zivilgesellschaft und der Bürgerschaft angehören, vorgestellt und diskutiert. Jetzt wird das Endergebnis in einem Bericht zusammengefasst und den Präsidentinnen und Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Europäischen Kommission übermittelt. Alle Präsidentinnen und Präsidenten haben sich zur Weiterverfolgung der Empfehlungen verpflichtet.
Weitere Themen des Bürgerforums
In den nächsten europäischen Bürgerforen werden Empfehlungen zu folgenden Themen abgegeben:
- Eine stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit, Beschäftigung/Bildung, Kultur, Jugend und Sport/digitaler Wandel
- Die EU in der Welt/Migration
Wann genau die nächsten Treffen zu diesen Themen stattfinden werden, ist pandemiebedingt noch nicht klar.
Alles zum Nachlesen finden Sie hier.
Die Gesamtübersicht der Vorschläge des Bürgerforums finden Sie hier.