Nachvollziehbare Bonitätsbewertungen für Verbraucher:innen

veröffentlicht am 06.03.2025

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellte in einem aktuellen Urteil klar, dass Unternehmen eine Ablehnung nicht allein mit einer negativen Bonitätsbewertung begründen dürfen. Stattdessen müssen sie eine nachvollziehbare Erklärung für das Ergebnis der automatisierten Bewertung liefern.

Österreichisches Vorlageverfahren

Automatisierte Bonitätsbewertungen werden regelmäßig von Unternehmen zur Risikoeinschätzung herangezogen. Bonitätswerte werden mithilfe eines Algorithmus von sogenannten Wirtschaftsauskunfteien erstellt und beeinflussen in Bereichen wie Kreditvergabe, Mobilfunkverträge oder andere geschäftliche Vereinbarungen maßgeblich die Entscheidung, ob ein:e Kund:in als kreditwürdig gilt. 

Im gegenständlichen Fall wollte eine Frau einen Mobilfunkvertrag mit einer monatlichen Gebühr von zehn Euro abschließen, wurde jedoch aufgrund einer automatisierten Bonitätsprüfung durch die Auskunftei Dun & Bradstreet ohne weiterführende Begründung abgelehnt. Die betroffene Konsumentin wandte sich an die österreichische Datenschutzbehörde, die der Auskunftei auftrug, ihr aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik der auf der Grundlage der personenbezogenen Daten der Betroffenen erfolgten automatisierten Entscheidungsfindung zu übermitteln.

Gegen die Entscheidung der Datenschutzbehörde erhob Dun & Bradstreet Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und machte im Wesentlichen geltend, der Betroffenen aufgrund eines geschützten Geschäftsgeheimnisses keine Informationen übermitteln zu können, die über die bereits zur Verfügung gestellten Informationen hinausgingen.

Mit Erkenntnis stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass Dun & Bradstreet gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoße, indem sie keine aussagekräftigen Informationen zur automatisierten Entscheidungsfindung übermittelt oder zumindest nicht ausreichend begründet habe, weshalb sie nicht in der Lage sei, solche Informationen zu übermitteln.

Die von der Betroffenen beantragte Exekution dieses Erkenntnisses wies Magistrat Wien mit Bescheid ab und begründete diese Entscheidung damit, dass Dun & Bradstreet ihrer Informationsverpflichtung bereits ausreichend nachgekommen sei, obwohl sie nach Erlass des betreffenden Erkenntnisses keinerlei weitere Auskunft erteilt hatte.

Gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien erhob  die Konsumentin Beschwerde beim Verwaltungsgericht Wien, das diesen Fall zur Beurteilung dem Europäischen Gerichtshof  vorlegte.

Abwägung zwischen Transparenz und Geschäftsgeheimnissen

Der EuGH betont, dass die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) klare Anforderungen an automatisierte Entscheidungsprozesse stellt. Nach Art. 22 DSGVO müssen Unternehmen betroffenen Personen wesentliche Informationen über die Entscheidungslogik bereitstellen. Dazu gehört, welche personenbezogenen Daten in die Bewertung eingeflossen sind, wie sie verarbeitet und gewichtet wurden sowie in welchem Maße eine Änderung bestimmter Faktoren das Ergebnis beeinflusst hätte. Weiters erklärte der EuGH eine Bestimmung des österreichischen Datenschutzgesetzes, die eine generelle Ausnahme bei Geschäftsgeheimnissen vorsieht, mit der DSGVO unvereinbar. Ist der Verantwortliche der Ansicht, dass die zu übermittelnden Informationen geschützte Daten Dritter oder Geschäftsgeheimnisse umfassen, hat er diese der zuständigen Aufsichtsbehörde oder dem Gericht zu übermitteln. Diese müssen dann die betroffenen Rechte und Interessen abwägen, so der EuGH in seiner Entscheidung. Künftig muss also in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine Offenlegung gegenüber Behörden oder Gerichten notwendig ist, die dann eine Interessenabwägung vornehmen.

Fazit

Das EuGH-Urteil stärkt die Transparenz bei automatisierten Bonitätsbewertungen. Unternehmen müssen ihre Entscheidungen nachvollziehbar begründen, während gleichzeitig ein Ausgleich zwischen Informationspflicht und Schutz von Geschäftsgeheimnissen gefunden werden muss. Diese Entscheidung setzt ein wichtiges Signal für mehr Verbraucherschutz im Bereich des Kredit-Scorings.

Zum Urteil, C-203/22 vom 27.02.2025 : CURIA - Dokumente

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