EuGH: Keine verpflichtende Angabe des Geschlechts beim Ticketkauf

veröffentlicht am 03.02.2025

Wer online ein Zugticket kauft, muss nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs künftig wohl nicht mehr angeben, ob eine Anrede als „Herr" oder „Frau" erfolgen soll. Die Geschlechtsidentität des Kunden sei keine Information, die für den Erwerb eines Fahrscheins erforderlich sei, entschieden die Richter in Luxemburg.

Beschwerde gegen SNCF Connect

Der französische Verband Mousse reichte bei der französischen Datenschutzbehörde CNIL Beschwerde gegen das französische Bahnunternehmen SNCF Connect ein. Kritisiert wurde die verpflichtende Angabe einer Anrede „Herr“ oder „Frau“ beim Online-Ticketkauf. Mousse argumentierte, dass diese Praxis gegen den Grundsatz der Datenminimierung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstößt.  Dieser besagt, dass nur so viele Daten erhoben werden dürfen, wie für den jeweiligen Zweck wirklich notwendig sind. Die Daten müssen also passend, relevant und auf das Wesentliche beschränkt sein. Die Anrede sei keine notwendige Angabe für den Kauf eines Tickets, so der Verband.

Die CNIL wies die Beschwerde zurück, was Mousse dazu veranlasste, den frz. Staatsrat einzuschalten. Der Fall gelangte schließlich vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Anrede ist nicht nötig für Bahnverträge

Die DSGVO erlaubt die Verarbeitung personenbezogener Daten nur in klar definierten Fällen, z. B. wenn sie zur Erfüllung eines Vertrags objektiv unerlässlich ist oder berechtigte Interessen verfolgt werden. Die Erhebung der Anrede muss somit objektiv erforderlich sein – etwa für die Vertragserfüllung oder zur Wahrung berechtigter Interessen.

Der EuGH stellte klar, dass die Angabe der Anrede keine objektiv unerlässliche Voraussetzung für den Abschluss eines Schienentransportvertrags ist. Eine personalisierte Ansprache auf Basis der Anrede könne durch allgemeine, geschlechtsneutrale Formulierungen ersetzt werden. Dies wäre eine weniger invasive Alternative, die dem Grundsatz der Datenminimierung entspricht.

Schutz der Privatsphäre

Selbst wenn Unternehmen geschäftliche Interessen geltend machen, wie etwa die Verbesserung der Kundenkommunikation, müssen diese Interessen offengelegt und sorgfältig abgewogen werden. Der EuGH hebt die Wichtigkeit des Schutzes der Privatsphäre hervor und betonte, dass die Rechte und Freiheiten der Kund:innen Vorrang haben, insbesondere wenn die Gefahr einer Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität besteht. Die verpflichtende Angabe der Anrede beim Ticketkauf ist nach Ansicht des EuGH weder für die Vertragserfüllung noch aus berechtigten geschäftlichen Interessen notwendig.  Unternehmen müssen ihre Datenverarbeitung auf das Notwendige beschränken und dabei innovative Lösungen für eine inklusive Kommunikation entwickeln.


 

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