Baukostenindex ist kein zulässiger Maßstab für Mietzinserhöhungen
veröffentlicht am 06.12.2024
Im Jahr 2022 gerieten Mieter:innen in Schwierigkeiten, als ihre Mietpreise durch die Prokop Immobilienverwaltung GmbH und Belmar Privatstiftung deutlich erhöht wurden. In einigen Fällen stiegen die Monatsmieten um bis zu 209 Euro, begründet durch eine umstrittene „Wertsicherungsklausel“ im Mietvertrag, die sich auf den Baukostenindex stützte.
Der Baukostenindex ist ein Index, der die Entwicklung der Baukosten misst. Er wird regelmäßig veröffentlicht und dient dazu, die Veränderung der Kosten für Bauleistungen und -materialien über die Zeit zu erfassen. Der Index hilft dabei, die Inflationsrate im Bauwesen abzubilden und gibt einen Überblick über die Preisentwicklung im Baugewerbe. Bei der Kopplung der Mieten an den Baukostenindex handelt es sich in der Regel um eine automatische Anpassung der Miete aufgrund der gestiegenen Baukosten.
OGH erklärt Baukostenindex-Klausel für unwirksam
Die betroffenen Mieter:innen wandten sich an die Mieterhilfe der Stadt Wien, die in weiterer Folge die Arbeiterkammer (AK) informierte. Die AK führte ein Verbandsklagsverfahren gegen die Prokop Immobilienverwaltung GmbH/Belmar, die diese Klausel in Wohnungsmietverträgen mit Verbraucher:innen verwendet hatten. Der Oberste Gerichtshof (OGH) sprach in seinem Urteil aus, dass die Anwendung der Baukostenindex-Klausel als Berechnungsgrundlage für Mietzinshöhungen unzulässig wäre. Es fehlt an der fehlenden sachlichen Rechtfertigung, weil der Baukostenindex nur einen Aspekt der Kostenbelastung von professionellen Vermieter:innen abdeckt. Berücksichtigt werden nur die Erhaltungskosten, nicht aber andere Kostenfaktoren wie beispielsweise Finanzierungskosten und unternehmensbezogene Kosten wie Lohnkosten. Durch die einseitige Orientierung an der Erhaltungskosten der Vermieter:innen wird weder die konkrete Kostenentwicklung noch die Marktentwicklung adäquat berücksichtigt. Dies führt zur Unwirksamkeit der gesamten Wertsicherungsklausel.
„Zahlscheinklausel“ ebenfalls unwirksam
Als gröblich benachteiligend und intransparent beurteilte der OGH zudem die Klausel, nach der „Zusätze oder Erklärungen des/der Mieter:in auf Zahlscheinen infolge maschineller Bearbeitung nicht zur Kenntnis des Vermieters gelangen“. Verbraucher.innen wird suggeriert, dass Zahlscheinvermerke nicht wirksam sind, weil sie systematisch nicht gelesen werden. Nicht erkennbar ist, ob mit „Zusätze/Erklärungen“ die Angaben in der auf Zahlscheinen vorgesehenen Ruprik „Verwendungszweck“ gemeint sind oder auch andere Beifügungen.
Musterschreiben der Arbeiterkammer
Auf der Homepage der AK finden Betroffene ein Musterschreiben, mit dem sie die Mietzinsanhebungen aufgrund der unzulässigen Baukostenindex-Klausel zurückfordern können.
Zum Urteil: