Oberster Gerichtshof bestätigt seine ständige Rechtsprechung zum Haftungsausschluss im Produkthaftungsgesetz

veröffentlicht am 21.11.2023

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat in seinem Urteil am 18. Oktober 2023 entschieden, dass eine Klage in Zusammenhang mit einer gebrochenen Hüftprothese abgewiesen wird. 

Hammer Gericht, © Bild von qimono auf Pixabay

Hintergrund

Die Hintergrundgeschichte reicht zurück in das Jahr 2010, als sich der Kläger einer Hüftoperation unterzog, bei der eine Hüftprothese mit einer modularen Schenkelhalskomponente der beklagten Firma verwendet wurde. Im November 2017 brach die Schaftkomponente dieser Prothese aufgrund eines Konstruktionsfehlers, was zu einer weiteren Operation führte. Das Gericht stellte fest, dass der Prothesenbruch nach nur sieben Jahren keine normale Verschleißerscheinung darstellte und die zu erwartende Haltbarkeit des Implantats unterschritt.

Stand der Wissenschaft und Technik

Zum Zeitpunkt der Markteinführung der Hüftprothese im Jahr 2009 war in der medizinischen Fachwelt noch keine erhöhte Rate von Prothesenbrüchen bekannt. Das Produkt entsprach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik. Erst ab 2009/2010 begann die Diskussion über die gestiegene Bruchrate bei derartigen Modellen, wobei in einer wissenschaftlichen Arbeit von 2010 erstmals Risikofaktoren wie erhöhtes Körpergewicht, männliches Geschlecht und Aktivität erwähnt wurden. Trotzdem wurde in dieser Arbeit nicht grundsätzlich von der Verwendung dieser Prothesentypen abgeraten. Die Empfehlung gegen den Einsatz von modularen Halsteilen kam erst später, als wissenschaftliche Daten ausgewertet wurden. Im Mai 2011 informierte die beklagte Firma in Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen über eine erhöhte Bruchrate von 0,28 % und führte einen freiwilligen Produktrückruf durch.

Produktversagen im Fokus

Der Kläger forderte Schadenersatz und die Feststellung der Haftung für weitere Schäden aufgrund des Produktversagens; gestützt auf das österreichische Produkthaftungs- und Schadenersatzrecht. Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren teilweise statt. In der Berufung entschied das Oberlandesgericht Wien jedoch zugunsten der beklagten Partei und wies die Klage ab. Das Gericht stellte fest, dass eine derartige modulare Hüftprothese, die ursprünglich mindestens zehn bis 15 Jahre im Körper des Klägers halten sollte, nicht die notwendige Sicherheit für den vorgesehenen Gebrauch bot, der innerhalb der Zweckbestimmung des Herstellers lag. Dieses Wissen  war in der Fachwelt zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht bekannt.  Demnach entsprach das Produkt dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik und folglich griff der Haftungsausschluss des § 8 PHG.

Entscheidung des OGH

Die außerordentliche Revision des Klägers wurde  in der Folge vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen. Das Gericht argumentierte, dass keine erhebliche rechtliche Frage im Sinne des Gesetzes aufgeworfen wurde. Die Sicherheitserwartungen des Klägers in Bezug auf das Produkt und der damalige Stand der Technik wurden bereits von der bisherigen Rechtsprechung berücksichtigt und angewendet. Das Gericht stellte fest, dass die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz einen Produktfehler voraussetzt und dass das Produkt gemäß dem Gesetz als fehlerhaft angesehen wird, wenn es nicht die erwartete Sicherheit bietet. In diesem Fall konnte die beklagte Firma nachweisen, dass zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts die Eigenschaften nicht als Fehler erkannt werden konnten, da die erhöhte Bruchgefahr erst später in der Fachwelt bekannt wurde.

Die Schlüsselerkenntnis des Gerichts bestand darin, dass die erhöhte Bruchrate nicht vor dem Inverkehrbringen des Produkts erkannt werden konnte, da verschiedene Prothesentypen unterschiedliche Konstruktionen und Materialien aufwiesen. Das Gericht stellte fest, dass die Auslegung der Urteilsfeststellungen im Einzelfall keine erhebliche rechtliche Frage darstellt und dass die außerordentliche Revision somit zurückgewiesen wird.

Alles zum Nachlesen finden Sie hier

Konsumentenfragen Newsletter

Aktuelle Neuigkeiten aus allen Bereichen der Konsumentenfragen