EU Lieferkettengesetz beschlossen

veröffentlicht am 04.06.2024

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, kurz Lieferkettengesetz, regelt die unternehmerische Verantwortung für negative Auswirkungen auf Umwelt und Menschenrechte in globalen Lieferketten. 

Mühsame Entstehungsgeschichte

Nach den Mitgliedstaaten hat am 24.4.2024 nun auch das Europäische Parlament der Richtlinie zugestimmt. Hier können Sie den gesamten Text der Richtlinie einsehen: Endabstimmung über das Lieferkettengesetz | 22-04-2024 | Aktuelles | Europäisches Parlament (europa.eu)

Dieses wichtige Gesetz hat eine lange Vorgeschichte, auch wir haben schon vor mehr als 2 Jahren von diesem Vorhaben berichtet. Europäische Initiative für einen Lieferkettenrechtsakt (konsumentenfragen.at)

Immer wieder mussten Abstimmungen im EU-Rat verschoben werden, weil einige Staaten, allen voran Deutschland, Italien und Österreich, die Vorgaben als zu bürokratisch und in der Realität nicht durchführbar hielten und daher nicht zustimmten. Die österreichische Debatte im Parlament von Februar 2024 können Sie hier nachlesen EU-Lieferkettengesetz: Weder SPÖ-Antrag auf Zustimmung, noch FPÖ-Antrag auf Ablehnung finden Mehrheit im EU-Unterausschuss (PK0128/15.02.2024) | Parlament Österreich
Es wurde letztendlich ein neuer Entwurf vorgelegt, der vor allem längere Übergangsfristen vorsieht und den Anwendungsbereich der Richtlinie auf sehr große Unternehmen einschränkt. 

Diese Richtlinie mit stark beschränktem Anwendungsbereich wurde schließlich von der notwendigen qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten am Freitag, dem 15.3.2024 angenommen. Deutschland und Österreich enthielten sich wiederum.

Langer Weg zu einem Kompromiss

Am 24. April 2024 hat schließlich das EU-Parlament über das EU-Lieferkettengesetz abgestimmt – und dieses gebilligt.
Wie Beobachter:innen allerdings meinen, war dieser Entschluss nur wegen der sehr abgeschwächten Vorgaben durchzusetzen.

Zm Inhalt der Richtlinie:

Ziel der Richtlinie ist es, negative Auswirkungen unternehmerischer Tätigkeiten auf Umwelt und Menschenrechte zu vermeiden. Unternehmen werden verpflichtet, diese in der gesamten Lieferkette zu erkennen – sei es in ihrer eigenen Geschäftstätigkeit oder auch jener ihrer Tochterunternehmen oder Geschäftspartner – und anschließend Maßnahmen zur ihrer Abmilderung oder Beseitigung zu ergreifen. Das Größenkriterium für Unternehmen, die direkt von der Richtlinie betroffen sind, sind nun 1.000 Mitarbeitende bzw. 450 Millionen Euro Jahresumsatz. Laut dem ursprünglichen Entwurf wären Unternehmen ab 500 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro erfasst gewesen. Für besonders sensible Bereiche wie die Textil- oder Lebensmittelbranche waren im ersten Vorschlag Größenbeschränkungen oder -vorgaben sogar gänzlich gestrichen. Auch sonst wurden einige Regelungen der ursprünglichen Fassung abgeschwächt. War zunächst geplant, dass sich Bonus-Zahlungen für Manager:innen an den EU-Klimazielen orientieren müssen, ist dies jetzt nicht mehr vorgesehen. Auch ein Klagerecht von Gewerkschaften und einschlägigen Organisationen wurde gestrichen. Es bleibt jetzt den Mitgliedstaaten überlassen, welche Rechte sie diesen einräumen.

Den betroffenen Unternehmen werden nun auch deutlich längere Übergangsfristen zugestanden. Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeiter:innen und mehr als 1,5 Milliarden Euro Jahresumsatz müssten die Vorgaben erst drei Jahre nach Inkrafttreten der nationalen Gesetze einhalten. Für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als 900 Millionen Euro gibt es vier Jahren Zeit und jene mit mehr als 1.000 Mitarbeitern haben fünf Jahre Zeit, das Gesetz umzusetzen.

Zwiespältige Reaktionen

Erwartungsgemäß wurde die Richtlinie von den verschiedenen Interessensgruppen sehr unterschiedlich aufgenommen.

So wurde seitens der Wirtschaft und einiger Mitgliedstaaten argumentiert, dass diese Ziele auch mit weniger bürokratischem Aufwand erreicht werden könnten und die Unternehmen mit diesem Vorhaben zu sehr belastet würden.

Umweltschutz- und Menschenrechtsorganisationen begrüßen das neue Gesetz zwar als gute Basis für höhere Standards für die Umwelt und Arbeitnehmer:innen. Prinzipiell sei es ein wichtiger Schritt für eine klimagerechte Welt und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Allerdings wird die „Verwässerung“ im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf kritisiert.

Da die Richtlinie den Mitgliedstaaten großen Spielraum bei der Umsetzung einräumt, wird es nun darauf ankommen, wie diese in der nationalen Gesetzgebung genützt werden. Eine deutliche Signalwirkung kommt der Richtlinie aber wohl jedenfalls zu.


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