Urteils-Mosaik „VW-Abgasskandal“: Schadenersatz statt Rückgabe

veröffentlicht am 20.10.2023

Mittlerweile gibt es einige oberstgerichtliche Entscheidungen im VW-Dieselskandal. Ein Überblick...

Im April enschied der Oberste Gerichtshof (OGH), dass Käufer:innen eines Fahrzeugs, das mit der unzulässigen Abschalteinrichtung versehen ist, das Fahrzeug an den Hersteller VW zurückgeben können und den Kaufpreis unter Abzug eines Benutzungsentgelts zurück erhalten (OGH 25.04.2023, 10/Ob 2/23a).

Im September bestätigte der OGH, dass auch das nach dem Software-Update vorhandene Thermofenster nach wie vor als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren ist (OGH 19.09.2023, 2 Ob 5/23h).

Neueste Entscheidung des OGH

Nach dem neuesten Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) haben Käufer:innen nunmehr auch die Wahl, das Fahrzeug zu behalten und Schadenersatz vom Hersteller zu verlangen (OGH 28.09.2023 10 Ob 27/23b). Auch wenn das Fahrzeug nicht direkt vom Hersteller, sondern von einem anderen Verkäufer erworben wurde (zum Beispiel als Gebrauchtwagen), besteht ein Schadenersatzanspruch der Käufer:innen gegenüber VW (OGH 25.04.2023, 10 Ob 2/23a).   

Der OGH urteilte, dass Käufer:innen das Fahrzeug aufgrund der Risiken, die mit der unzulässigen Abschalteinrichtung einhergehen, schlicht zu teuer erworben haben. Aber selbst wenn das Fahrzeug zu einem Minderwert erworben wurde, besteht ein Schadenersatzanspruch. Argumentiert wird dies mit unionsrechtlichen Vorgaben, wonach die Sanktionen für Verstöße gegen die Typengenehmigungs-Verordnung 715/2007/EG wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen (EuGH C-100/21).

Zum Umfang des Schadenersatzes wurde ein Blick nach Deutschland geworfen: Der deutsche Bundesgerichtshof legte zuvor eine Bandbreite von 5 bis 15 % fest (BGH 26.06.2023, Via ZR 335/21 Rn 73ff). Der österreichische OGH folgt dieser Ansicht. Bei Vorliegen eines Minderwerts wäre der Schadenersatzbetrag wohl im unteren Bereich festzusetzen. Eine Obergrenze von 15 % ist deshalb einzuziehen, weil Käufer:innen auch nach wie vor die Wahl haben, das Fahrzeug an den Hersteller zurückzugeben. Bei Rückgabe des Fahrzeugs fällt der ersatzfähige Betrag unter Umständen höher aus (selbst bei Abzug eines Benutzungsentgelts). Mit der Entscheidung, das Fahrzeug zu behalten, gehen Käufer:innen bewusst das Risiko eines Zulassungsentzugs ein. Dieses Risiko ist vom Schadenersatz umfasst.

Zurück an die erste Instanz

Dennoch konnte VW im konkreten Verfahren vom OGH noch zu keiner Summe verurteilt werden. Dem Verfahren mangelte es noch an Feststellungen zum Verschulden. Grundsätzlich besteht die Vermutung eines Verschuldens des Herstellers, VW versucht sich jedoch mit dem Argument eines „entschuldbaren Rechtsirrtums“ freizubeweisen. Die Rechtssache wurde deshalb an das Erstgericht zurückverwiesen. In vorhergehenden Verfahren hatte der OGH bereits ausgesprochen, dass aus dem Vorbringen von VW im Verfahren kein entschuldbarer Rechtsirrtum abgeleitet (3 Ob 121/23z) bzw. VW sogar ein arglistiges Verhalten beigemessen werden kann (19.09.2023, 2 Ob 5/23h).

Konsumentenfragen Newsletter

Aktuelle Neuigkeiten aus allen Bereichen der Konsumentenfragen