EuGH: Kein Geld für Handwerker ohne Belehrung über das Rücktrittsrecht

veröffentlicht am 02.06.2023

Weitreichende Folgen für Unternehmen, die ihrer gesetzlichen Informationspflicht nicht nachkommen

Sieht ein Gesetz ein Rücktrittsrecht vor, dann hat das seine guten Gründe. Denn ein generelles Rücktrittsrecht gibt es nicht. So soll das Rücktrittsrecht bei im Internet abgeschlossenen Verträgen Verbraucher:innen davor schützen, die sprichwörtliche Katze im Sack zu kaufen. Das Rücktrittsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen soll Verbraucher:innen vor Überrumpelung bspw. durch einen plötzlich an der Tür stehenden Vertreter schützen. Aber was nutzt das beste Rücktrittsrecht, wenn Verbraucher:innen nicht darüber Bescheid wissen? Unternehmer:innen sind also verpflichtet, Verbraucher:innen über ein allfällig bestehendes Rücktrittsrecht vor Vertragsabschluss zu informieren. Unterlassen sie das bzw. erteilen die Information nur unzureichend, dann verlängert sich das Rücktrittsrecht - sofern eines besteht - von 14 Tagen auf 1 Jahr plus 2 Wochen.

Teure Konsequenzen für das Unternehmen

Nicht bzw. nicht ordnungsgemäß über das Rücktrittsrecht zu informieren, kann das Unternehmen teuer zu stehen kommen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte bereits in der Vergangenheit bei einem außerhalb der Geschäftsräumen geschlossenen Handwerkervertrag judiziert, dass Verbraucher:innen, die nicht über ihr Rücktrittsrecht belehrt wurden und vom Vertrag zurücktreten, kein Entgelt für die Handwerkerleistung zahlen müssen. Im Jahr 2020 hat der Oberste Gerichtshof die Rechtsmeinung des EuGH seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Wir haben berichtet: Weitreichende Folgen für Unternehmen bei fehlender Belehrung über das Rücktrittsrecht (konsumentenfragen.at).

Nun gibt es eine aktuelle Entscheidung des EuGH, mit der er seine Rechtsprechung erneut bestätigt.

Deutscher Anlassfall

Ein Verbraucher schloss mit einem Unternehmen mündlich einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation seines Hauses ab. Der Unternehmer belehrte den Verbraucher nicht über sein Rücktrittsrecht. Nach vollendeter Arbeit zahlte der Verbraucher die Rechnung nicht, sondern erklärte den Rücktritt vom Vertrag. Der Unternehmer verlangte einen Wertersatz für die geleistete Arbeit und klagte.

Unternehmen bekommt kein Geld

Hat ein Unternehmer es unterlassen, den:die Verbraucher:in, die Informationen über das Rücktrittsrecht bereitzustellen, bevor sich diese:r durch einen außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag bindet, hat dies Folgen: Der Verbraucher hat in diesem Fall nicht für die Dienstleistungen aufzukommen, die während der Rücktrittsfrist ganz oder teilweise an ihn erbracht wurden. Verbraucher:innen sind also von jeder Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts befreit, wenn das Unternehmen seine Informationspflicht verletzt.

Wahrung eines hohen Verbraucherschutzniveaus

In seiner Begründung verwies der EuGH auf das Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus, das in der Verbraucherrechte-Richtlinie verankert ist. Dieses Schutzniveau sei gefährdet, wenn

Verbraucher:innen in der Folge ihres Rücktritts von einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Dienstleistungsvertrag Kosten entstehen könnten, die in dieser Richtlinie nicht ausdrücklich vorgesehen sind.

Das Urteil kann im Detail hier nachgelesen werden: EuGH 17.5.2023, C-97/22

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