Autohersteller haftet laut EuGH für Schaden durch illegales Thermofenster

veröffentlicht am 30.03.2023

Europäischer Gerichtshof sorgt für Klarstellung der Haftung von Autoherstellern im Abgasskandal

Mercedes Stern, © DarkoStojanovic auf Pixabay
Mit dem am 21.03.2023 verkündeten Urteil bestätigt der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Käufer:innen eines Autos einen Anspruch auf Schadenersatz haben, wenn bei ihrem Fahrzeug ein unzulässiges „Thermofenster“ verbaut ist. Bei einem „Thermofenster“ handelt es sich um eine Abschalteinrichtung. Diese soll dafür sorgen, dass die volle Abgasrückführung (und somit Abgasreinigung) funktioniert. Tatsächlich trifft dies aber nur zu, wenn es mehr als 15 Grad und weniger als 33 Grad Celsius hat. Der EuGH hielt schon im Juli 2022 fest, dass die Grenzwerte auch bei Temperaturen deutlich unter 15 Grad Celsius einzuhalten sind. Eine solche Abschalteinrichtung ist daher nur in Ausnahmesituationen (zum Schutz des Motors oder vor einem Unfall) zulässig.

Leichte Fahrlässigkeit reicht aus

Im konkreten Fall ging es um einen im März 2014 bei der Mercedes-Benz Group gebraucht gekauften Mercedes D220 CDI. Der EuGH führte in seiner Entscheidung aus, dass die EU-Vorschriften zur Typengenehmigung bei Verstößen (wie z.B. einer unzulässigen Abschalteinrichtung) nicht nur Verwaltungsstrafen nach sich ziehen, sondern auch die Interessen der einzelnen Käufer:innen gegenüber dem Hersteller schützen. Laut EuGH könne bereits bei einfacher (bzw. leichter) Fahrlässigkeit ein Schadenersatzanspruch gegeben sein, wenn dem Käufer durch die unzulässige Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist. Es braucht dafür kein vorsätzliches Handeln des Fahrzeugherstellers.

 „Angemessener“ Schadenersatz

Die Mitgliedstaaten müssen dem EuGH zufolge sicherstellen, dass die:der Käufer:in eines solchen Fahrzeuges gegen den Hersteller Anspruch auf Schadenersatz hat. Der Schadenersatz muss in einem angemessenen Verhältnis zum entstandenen Schaden stehen. Es soll aber nicht möglich sein, dass ein:e Käufer:in keinen Schadenersatz bekommt, nur weil das Auto sehr viele Jahre gefahren wurde und daher das Nutzungsentgelt für  diesen Gebrauch  sehr hoch wäre. Dann würde die:der Verbraucher:in den Schaden nach 250.000 Kilometer Laufleistung (die für einen PKW angenommen wird) nämlich letztlich „verfahren“. Vielmehr sei dafür zu sorgen, dass die:der Käufer:in jedenfalls einen angemessenen Ersatz erhalte.

 Was bedeutet das für die Sammelklagen gegen VW und Co.?

Nun kann auch der Oberste Gerichtshof (OGH) klarstellende Urteile zur Haftung von VW im Rahmen der 16 Sammelklagen des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) treffen. „Das Urteil bildet außerdem eine Grundlage für Schadenersatzansprüche gegen alle Hersteller, die unzulässige Thermofenster eingebaut haben“, sagt Mag. Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht im VKI. Thermofenster wurden neben VW auch von Herstellern anderer Automarken – in diesem Fall Mercedes - verbaut. Das kann möglicherweise zu einer neuen Klagewelle gegen verschiedene Hersteller führen.

Zur Haftung des Händlers siehe den Beitrag vom 13.03.2023 „Erfreuliches Urteil im „Diesel-Abgasskandal“ 


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