Neuerungen bei den Bahnfahrgastrechten

veröffentlicht am 09.06.2023

Mit 7. Juni 2023 tritt die Neufassung der EU-Fahrgastrechte-Verordnung in Kraft und bringt Verbesserungen und Verschlechterungen für Fahrgäste mit sich.

So beinhaltet die neue EU-Verordnung u.a. folgende Verbesserungen für Fahrgäste:

  • Beförderung von Fahrrädern: Es sind mindestens vier Fahrradstellplätze pro Zug vorzusehen. Auf nationaler Ebene kann diese Zahl erhöht werden.
  • Reiseinformationen für den Fahrgast sind nach Möglichkeit in Echtzeitbereitzustellen.
  • Die Anmeldefrist für Hilfeersuchen von Personen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität, beispielsweise für das Ein-, Um- und Aussteigen, wird auf 24 Stunden reduziert.

Neue Regelung bei Entschädigungen bei Verspätungen

Grundsätzlich haben Fahrgäste im Fernverkehr bei Zugverspätungen ab 60 Minuten ein Anrecht auf eine Entschädigung in Höhe von 25 %, ab 120 Minuten von 50 %, des einfachen Fahrpreises ihres Tickets (Auszahlung aber erst ab € 4,-). Auf den Grund für die Verspätung kam es bisher nicht an. Die wesentlichste Änderung der EU-Verordnung ist nunmehr die Aufnahme von „außergewöhnlichen Umständen“: Liegen diese vor, muss das Bahnunternehmen keine Verspätungsentschädigung mehr ausbezahlen. 

Wann entfällt die Verpflichtung zur Entschädigung?

Als Beispiel für außergewöhnliche Umstände werden in der neuen EU-Verordnung zahlreiche Ausnahmegründe aufgezählt, bei denen die Verpflichtung zur Entschädigung entfällt:

  • extreme Witterungsbedingungen
  • große Naturkatastrophen
  • schwere Krisen im Bereich der öffentlichen Gesundheit
  • Verschulden des Fahrgasts
  • Personen auf dem Gleiskörper
  • Kabeldiebstahl
  • Notfälle im Zug
  • Strafverfolgungsmaßnahmen
  • Sabotage oder Terrorismus

Das Eisenbahnunternehmen muss aber nachweisen, dass die Verspätung, der Zugausfall und der verpasste Anschluss eine direkte Folge einer dieser Gründe war und trotz gebotener Vorsicht unvermeidbar war.

Die EU-Verordnung sagt explizit, dass Streiks des Bahnunternehmens KEINEN außergewöhnlichen Umstand darstellen. Bei einem Streik steht den Fahrgästen daher weiterhin eine Entschädigung für Verspätungen zu.

Weitere Fahrgastrechte bei einer Bahn-Verspätung von mehr als 60 Minuten

Von den Neuregelungen unberührt bleiben die Betreuungsverpflichtungen der Bahnunternehmen bei Verspätungen und Zugannullierungen sowie das Recht des Fahrgasts auf alternative Beförderung sowie ggf. Übernachtung

Alternative Beförderung

Weiterhin muss das Bahnunternehmen bei absehbaren Verspätungen von mehr als einer Stunde die Wahl zwischen einer Fahrpreiserstattung, alternativer Beförderung und Weiterfahrt zu einem späteren Zeitpunkt anbieten.

Gemäß EU-Verordnung dürfen dem Fahrgast keine zusätzlichen Kosten bei einer alternativen Beförderung bzw. Weiterfahrt zu einem späteren Zeitpunkt entstehen (z.B. bei Benützung einer höheren Klasse).

Zusätzliches Umsteigen soll vermieden werden und die Gesamtreisezeit möglichst kurz bleiben. Gegebenenfalls hat das Bahnunternehmen auch auf ein Transportmittel eines anderen Anbieters umzubuchen, wenn die Leistung nicht selbst erbracht werden kann.

Bei der alternativen Beförderung ist explizit von Bus- und Bahnleistungen die Rede, die Nutzung eines Flugzeuges wird nicht ausdrücklich erwähnt.

Weiterreise kann selbst organisiert werden

Reisende haben künftig dezidiert das Recht, sich die Weiterreise selbst zu organisieren und die Kosten vom Bahnunternehmen rückerstattet zu bekommen. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung des Bahnunternehmens zur Umbuchung. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn das Bahnunternehmen nicht binnen 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtzeit/dem verpassten Anschluss/dem ausgefallenen Zug eine alternative Reisemöglichkeit anbietet. Dem Fahrgast sind die notwendigen, angemessenen und zumutbaren Kosten zu ersetzen.

Einschränkung der Kostentragung für Unterkunft

Kommt es zu Zugproblemen aufgrund von außergewöhnlichen Umständen und ist deswegen die Unterbringung in einem Hotel notwendig, können Bahnunternehmen zukünftig die Kostentragung auf drei Nächte beschränken.

Durchgangsfahrkarte – weiterhin komplexe Regelungen

Müssen Fahrgäste umsteigen, ist es rechtlich von Vorteil, wenn die gesamte Strecke vom Startbahnhof bis zum Endziel von einem einheitlichen Beförderungsvertrag umfasst ist. Leider werden solche „Durchgangsfahrkarten“ von den Bahnunternehmen oft nicht angeboten.  ) Dieses Problemwird durch die Neufassung nicht gelöst. Zwar ist nunmehr genauer geregelt, wann eine Durchgangsfahrkarte vorliegt. Die Bahnunternehmen können aber Fahrgäste vor dem Kauf darüber informieren, dass es sich um keine Durchgangsfahrkarte handelt und damit die für die Fahrgäste vorteilhaften Haftungsregelungen ausschließen.,. Die Information, ob es sich bei dem Ticket um eine Durchgangsfahrkarte handelt oder mehrere voneinander unabhängige Beförderungsverträge abgeschlossen wurden, muss sich auf der Fahrkarte, in der Buchungsbestätigung oder in einer gesonderten Nachricht befinden.

Verbesserungen für Personen mit eingeschränkter Mobilität

Die Neufassung der Verordnung bringt auch einige Verbesserungen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität und Behinderungen. Diese gelten sowohl im Fern- als auch im Regionalverkehr.

So sollen Menschen mit körperlicher Einschränkung in allen Zügen in der EU ab 07. Juni 2023 ein Recht auf Unterstützung etwa beim Ein- und Aussteigen haben. Wurde der Hilfebedarf vorweg angemeldet, stellt der Bahnhofsbetreiber oder das Eisenbahnunternehmen sicher, dass die angeforderte Hilfeleistung erbracht wird. Und ein Unterstützungsbedarf ist künftig maximal nur noch 24 Stunden vor der Fahrt anzumelden (bisher 48h).

Alle Informationen finden Sie auf der Website der Agentur für Passier- und Fahrgastrechte.

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