VfGH: Zinsenverbot für die Dauer der gesetzlichen Stundung von Krediten während der COVID-19-Pandemie war verfassungskonform

veröffentlicht am 02.01.2023

Banken müssen verrechnete Zinsen nun zurückzahlen.

Gemäß § 2 Absatz 1 des 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz waren Kredite von Verbraucher:innen und Kleinstunternehmer:innen im Zeitraum vom 1.4.2020 bis 31.1.2021 gesetzlich gestundet, wenn die Kreditnehmer:innen pandemiebedingte Einkommensverluste (Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Betriebsschließung, längere Erkrankung nach einer COVID-Infektion) hatten und ihnen dadurch die Zahlung der laufenden Raten nicht zumutbar war. Nach Angaben der Banken waren dadurch etwa 245.000 Kreditverträge gesetzlich gestundet.

 Im Gesetz wurde auch festgelegt, dass sich durch das Kreditmoratorium - wenn für die Zeit nach dem 31.1.2021 vertraglich keine andere Zahlungserleichterung vereinbart wurde - die Fälligkeit der noch offenen Kreditraten um zehn Monate nach hinten verschoben, ohne dass sich die Höhe der Raten änderte. Das setzt zwangsläufig voraus, dass für den Stundungszeitraum keine Zinsen verrechnet werden.

Trotzdem haben fast alle österreichischen Banken auch für die Dauer der gesetzlichen Stundung Sollzinsen verrechnet und diese zusätzlichen Zinsen auf die nach Ablauf der Stundung zu zahlenden Kreditraten verteilt, die sich dadurch (teilweise wesentlich) erhöht haben. Das BMSGPK hat daher den VKI damit beauftragt, gegen die BAWAG PSK stellvertretend für die gesamte Branche mit einer Verbandsklage vorzugehen. In seiner Entscheidung vom 22.12.2021, 3 Ob 189/21x, hat der OGH dieser Verbandsklage stattgegeben und die Rechtsansicht des BMSGPK und des VKI vollinhaltlich bestätigt.

Nur 2 Banken akzeptierten OGH-Entscheidung 

Seit der Veröffentlichung der OGH-Entscheidung haben bisher zwei Banken (die Santander Consumer Bank und die bank99) eine Vereinbarung mit dem VKI abgeschlossen. Diese beiden Banken haben sich verpflichtet, den betroffenen Kreditnehmer:innen die während der Dauer der gesetzlichen Stundung verrechneten Zinsen von sich aus rückwirkend wieder gutzuschreiben und für die Zeit nach Ablauf des Moratoriums keine erhöhten Raten vorzuschreiben.

Alle andere Banken waren bisher noch nicht bereit, ihre Vorgangsweise zu ändern. Sie vertraten den Standpunkt, § 2 Abs. 6 2. COVID-19-JuBG sei verfassungswidrig, und waren Antragstellerinnen im Verfahren vor dem VfGH, dem sich insgesamt 403 österreichische Banken angeschlossen hatten.

Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs

In der aktuellen Entscheidung vom 13.12.2022, G 174/2022, hat der VfGH den Antrag der Banken abgewiesen. Die angefochtene Regelung liege im öffentlichen Interesse. Sie habe den begünstigten Kreditnehmern Zeit verschafft, Mittel für die Rückzahlung bereitzustellen, und die Banken seien auch nur unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet gewesen, Kredite kostenlos zu stunden. Außerdem habe die EZB zahlreiche geldpolitische und bankaufsichtsrechtliche Maßnahmen gesetzt, um die Folgen der COVID-19-Pandemie für die Kreditinstitute zu mildern und den Banken insbesondere äußerst günstigen Refinanzierungsangebote gemacht. Vor diesem Hintergrund sei es sachlich gerechtfertigt gewesen, die Kosten des Kreditmoratoriums den Kreditinstituten aufzuerlegen.

Nach den Angaben, die die Bankenvertreter in der Verhandlung vor dem VfGH gemacht haben, müssen die Banken aufgrund der Entscheidung des OGH etwa 100 Mio. Euro an Zinsen, die während der Stundung verrechnet wurden, den betroffenen Kreditkund:innen gutschreiben oder rückerstatten. 

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