Insert Coin to continue: Studie zu In-Game-Käufen

veröffentlicht am 01.04.2024

In einer Studie der Uni Graz wurde erstmals im großen Umfang das Kaufverhalten österreichischer Jugendlicher bei In-Game-Käufen beleuchtet.

FIFA, Fortnite, Clash of Clans - viele aktuelle digitale Free-to-Play Spiele finanzieren sich über optionale In-Game-Käufe - für die Anbieter solcher Spiele ein lukratives Geschäft, für Jugendliche schnell eine Kostenfalle. Da digitale Spiele bei einer jugendlichen Zielgruppe sehr beliebt sind und deren Geldausgaben noch wenig beforscht sind, führte die Uni Graz mit Projektleiter Markus Meschik, Ph.D. eine österreichweite, quantitative Erhebung unter 2610 Schüler:innen zwischen 10 und 19 Jahren durch. Darüber hinaus wurden 29 Kinder und Jugendliche in qualitativen Interviews zu ihren Erfahrungen mit In-Game-Käufen befragt.

Die Studie kam zu folgenden Ergebnissen:

Geldausgaben

  • Das Ausgeben von Geld in digitalen Spielen ist weitestgehend normalisiert: bereits 55% aller Befragten gaben schon Geld in Spielen aus.
  • Auffällig sind dabei deutliche Unterschiede bei der Geschlechterverteilung: 59 % der männlichen, aber nur 21 % der weiblichen Spielenden gaben in den letzten 12 Monaten Geld für digitale Spiele aus.
  • Die durchschnittliche Höhe der Geldausgaben beträgt 170 Euro im Jahr, was bei gleichmäßiger Verteilung etwa 14 Euro im Monat ausmachen würde.
  •  Aber: während der Großteil weniger Geld ausgibt, kommt es zu Konzentrationen höherer Ausgaben bei einer geringen Zahl von Spielenden. So hat sich im Rahmen dieser Erhebung gezeigt, dass 73 Prozent der Ausgaben auf nur 10 Prozent der Spielenden entfallen. Diese Konzentrationen ähneln den ungleichen Verteilungen von Geldausgaben im klassischen Glücksspiel.

Kaufmotive

  • Die Motive für Käufe umfassen sowohl persönliche Motive (z.B. Gewinnerwartung, Emotionsregulierung), soziale Dynamiken (z.B. Statusgewinn, Wettbewerbsfähigkeit) aber auch designbedingte Motive durch Verwendung von Dark Patterns (siehe unten).
  • Geldausgeben in Spielen erweist sich als eine in Peergroups eingebettete soziale Praxis. Der Gewinn seltener oder der Kauf besonders teurer Inhalte wird oft gemeinsam getätigt und die Information dazu auf Plattformen wie Discord oder WhatsApp geteilt. Dabei werden Gewinne vorgestellt, Verluste und investierte Geldmengen aber oft verschwiegen. Hier zieht die Studie wieder eine Parallele zum klassischen Glücksspiel.
  • Influencer:innen (Streamer:innen auf Twitch, Youtube, Kick) spielen bei In-Game-Käufen eine große Rolle und dienen als Vorbilder beim Kauf bestimmter Ausrüstungen. Befragte, die regelmäßig Influencer:innen beim Öffnen von Lootboxen (Pack Openings) zusehen, geben auch mehr Geld in digitalen Spielen aus.

Dark Patterns

Auch im Bereich Online-Gaming spielen Dark Patterns eine große Rolle und sollen Spieler:innen animieren, Zusatzinhalte wie bspw. virtuelle Währungen oder Lootboxen zu erwerben, die erst durch einen Kauf freigeschaltet werden. Anbieter bedienen sich unzähliger psychologischer Tricks. Design und Prozesse werden so gestaltet, dass Konsument:innen zu Entscheidungen unbewusst gedrängt werden. 

Hier einige Beispiele:

Künstliche Verknappung

Auch im Bereich Online-Gaming spielen Dark Patterns eine große Rolle und sollen Spieler:innen animieren, Zusatzinhalte wie bspw. virtuelle Währungen oder Lootboxen zu erwerben, die erst durch einen Kauf freigeschaltet werden.

Unter künstlicher Verknappung oder Artificial Scarcity wird die Praxis verstanden, ein virtuelles Gut, das theoretisch unbegrenzt oft vorhanden ist, zu verknappen und nur in geringen Mengen zu verkaufen. Dazu gehört beispielsweise der Verkauf von Ausrüstungen, die nur zu bestimmten Zeitpunkten und danach (angeblich) nicht mehr oder nie wieder verfügbar sind.

Zeitbegrenzte Events

Neben der begrenzten Verfügbarkeit gibt es Angebote, in denen bestimmte Spielinhalte günstiger gekauft werden können.



Pay to play

Auch ein schnelleres Vorankommen kann während des Spiels käuflich erworben werden. Die Spiele sind so gestaltet, dass man zwar auch ohne Geldeinsatz, aber nur sehr mühsam ein Ziel erreichen kann. Befragte gaben an, dass die Investition von Geld in das Spiel als die sinnvollere Art wahrgenommen wird, Spielfortschritte zu erleben, da das Erspielen als langwierig und mühsam erfahren wird – der Spielfluss wird also vom Hersteller so verlangsamt, dass das Spielen selbst als unangenehm und ein Kauf als sinnvoll erlebt wird. 

Lootboxen

Der Einsatz von (pseudo-) zufallsbasierten erwerbbaren Inhalten in Spielen (Lootboxen) kann nach der Studie ebenfalls als ein Dark Pattern gewertet werden. Lootboxen erregten in der internationalen Forschung besondere Aufmerksamkeit, da bei diesen eine enge Verwandtschaft mit Glücksspiel vermutet wird. Ähnlichkeiten werden dabei auch bei der audiovisuellen Gestaltung der Angebote, also der farbenfrohen und akustisch eingängigen Gestaltung von Lootboxen ersichtlich. Die Studie zeigt auf, dass das aus der Glücksspielsucht bekannte Phänomen des Chasings insbesondere beim erfolglosen Kauf von Lootboxen zu beobachten ist. Chasing beschreibt ein Verhalten, bei dem Spieler ihre Verluste durch immer weitere Einsätze ausgleichen wollen.

Regulierungsvorschläge

Aus Sicht der Studienautor:innen legen die vorliegenden Ergebnisse die Regulierung bestimmter Aspekte aus Gründen des Jugendschutzes nahe.

Neben im traditionellen Glücksspiel etablierter KYC Policies (Know your customer-Policies = Online-Überprüfung der zahlenden Kund:innen per Personalausweis), Möglichkeiten zur Fremd- und Selbstsperre und Transparenz bei den Gewinnwahrscheinlichkeiten wären Maßnahmen zur Erhöhung der Hemmschwelle bei Käufen sinnvoll. Dazu gehören die Einschränkung der aggressiven Bewerbung entsprechender Angebote und die Drosselung der Geschwindigkeit durch erzwungene Pausen zwischen einzelnen Käufen. Auch die Einschränkung der Zahloptionen wird in der Studie vorgeschlagen: Vor allem in jungem Alter nutzen Kinder und Jugendliche vorrangig Guthabenkarten wie die Paysafecard, um Spielinhalte zu kaufen. Wenn Spieleanbieter Jugendschutz ernst nehmen wollen, ist ein wichtiger Schritt der Verzicht auf diese Kaufoption, um frühe, hohe und von Erziehenden oft unbemerkt getätigte Ausgaben von Kindern und Jugendlichen zu vermeiden.

Mehr Informationen

Die Ergebnisse der Studie auf einem Blick finden Sie in der Infografik

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Hier können Sie die gesamte Studie nachlesen.

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